Prag. Ich erinnere mich noch genau. Das erste Mal, aber auch sehr gut an mein zweites Mal. So etwas bleibt einem im Gedächtnis. Diese Einfahrt, entlang der Moldau, dieser Sommer. Warme, schon fast mediterrane Luftströme, Summer in the City, die Wiesen entlang des Radweges waren gesäumt von jungen Menschen, hübschen Frauen, herumtobenden Kindern. Frieden lag in der Luft, die von der Grillkohle und deren Qualm zusätzlich euphorisch geschwängert war. Frisbee Scheiben flogen, Paare gingen Hand in Hand spazieren, Jogger joggten, Skater kratzten den Asphalt an, der Park pulsierte, das blanke pure Leben. Sorgen gab an diesen zwei Nachmittagen keine. Zumindest waren diese weder spür- geschweige denn sichtbar.
Der Radweg entlang der Moldau, von Budweis kommend, erwies sich zweimal als eine Quell der Freude, ich warf den Helm über den Lenker, band mir einmal mehr bei der Zieleinfahrt mein Stirnband um (um mir so meine persönlichen Woodstock Gefühle zu schaffen) und rollte hinein nach Prag, den Blick auf die imposante Burg gerichtet. Ein Festival fürs Auge. Was für ein Sommer. Zweimal.
(Notiz an mich: seinerzeit 2018 bzw. als kleiner Movie.)
Der Fehler im Konzept war folgender. Man rollt hinein, ist euphorisiert, happy und genießt freilich die Ankunft, den Moment, macht Fotos, grinst breit, streichelt das Bike und tätschelt das Oberrohr. Man geht ein Bier trinken (ok, zwei, drei), badet in der Menge, findet immerhin den eindrucksvollen Platz mit der weltberühmten Rathaus Sonnen/Astronomenuhr, die keiner so richtig lesen kann, aber jeder sehen will. Reiht sich ein in die Menschenschar, die ihren Blick auf das kleine Skelett im Uhrwerk richten und warten bis es die (ihre?) volle Stunde geschlagen hat.
Aber eines macht man, nicht, zumindest galt das zweimal für mich. Die Stadt erkunden, den Flair inhalieren, sich einmal Zeit nehmen umher zu fahren (fuhr man ja die Tage zuvor schon genug), die Altstadt erkunden, die Gassen durchstreifen, die Geschichte wahrnehmen. All das kommt zu kurz, wenn man nach einem (ok, ok, zwei, drei Bier) glücklich aber müde ins Hotel eincheckt und am anderen Tag schon wieder die Heimreise by Zug antritt (der sogar zweimal halbwegs pünktlich war). Finde den Fehler.
Fehler darf man bekanntlich ja machen. In der Regel heißt es „einmal“ … ok, ich zieh den Fehlerjoker und gestehe: ich hab ihn zweimal gemacht. Dafür musste ich ein drittes Mal nach Prag. Und nachdem ich den Weg dorthin by Bike schon kannte (einmal mit meinem Velotraum, einmal mit dem wunderbaren Guylaine) war dieses Mal ein langes Weekend mit zwei – ACHTUNG Premiere !! – Brompton Bikes angesagt. Wie geil ist das denn? Zusammenfalten, Ikea Tüte zuzippen, fertig ist der Presspack mit zwei Brompton Bikes und es bleibt immer noch ausreichend Stauraum im Fahrzeug Heck. Coole Sache. So ein Brompton hat schon einen Charme. Wir fahren einmal P-Line und einmal C-Line, natürlich ohne E. In Vorbreitung – soviel Vollständigkeit muss sein, ist ein gewaltiger Ausflug mit der nagelneuen und extrem gewaltig coolen G-Line. Aber dazu mehr im Frühjahr ´25, also bald.
Dankbar darf man zudem sein, wenn der Wettergott milde gestimmt ist. Während in der Heimat der erste richtig fette Schnee jeden Gedanken an schmale Reifen obsolet macht und an diesem Wochenende nur das Fatbike eine Chance gehabt hätte, empfängt uns Prag mit freundlichem, wenngleich halbwegs kühlem Wetter. Handschuh, Mütze und wetterfeste Kleidung ist unser Rezept dagegen. Wir entfalten geschwind unsere Bromptons, ein Akt, der nur ganz wenige Handgriffe erfordert und nach dem zweiten, spätestens dritten Mal in einen gewissen Automatismus übergeht.
Unser Motel One (hier das Cloud One) ist ein sehr guter Ausgangspunkt für unsere zwei Stadttouren. Wenngleich, soviel Ehrlichkeit muss sein, ihr nicht wissen wollt, was Parken in der City kostet. Nein, dass wollt ihr nicht wissen. Ich auch nicht mehr, ich habs verdrängt. Aber das Frühstück im Cloud One ist klasse.
Freunde. Ich hätts nicht gedacht. Die Bromptons schnurren gerade so durch die Stadt. Wenn, ja wenn nicht so mancher Buckel im Straßennetz da wär. Pflastersteine allenthalben. Schlaglöcher und auch ein eher marodes Asphaltband sind jetzt nicht ideales Terrain für unsere relativ schmalen 16Zoll Reifen. Und trotzdem, keine Panne, keine Klagen. Wir flutschen überall bestens durch, selbst an den zahlreichen Nadelöhrstellen wie der Karlsbrücke oder auch in der Fußgängerzone, lassen sich die wendigen Bikes prima manövrieren. Eine reine Freude. Klar auch, dass so mancher Touri zweimal hinschaut, was ihn denn da so überholt. Ja, Mister, coole Bikes, isnt it?
Wer eine Bike-Stadttour plant ist gut beraten auch einen Bogen um die HotSpots zu machen, die sogar in diesen End-of-Novemberdays vor Touristen gerade zu platzen. Es scheint keine Saison mehr zu geben. Jeder muss ein Foto für Insta machen. Ok, ok, wir ja auch. War es seinerzeit im Juli, August aber keine Überraschung, dass Japaner, Koreaner, Chinesen mit ihrem Handystick alles auf die Platte bannen, so überraschte es mich vor der Adventszeit dann aber doch, dem Strom der Menschen ausgesetzt zu sein. Wer unsere zwei kleinen Touren nacherleben mag, PN oder ein Blick auf mein Komoot Profil genügt. Vor allem die feine Tour entlang der Moldau mit einem schönen Bogen um die Stadt und einer Fährfahrt war ein lohnender Abstecher, der uns sogar einsame Momente bescherte.
Fazit – Prag
Immer wieder schön, sei es die Einfahrt entlang der Moldau hinein in die Stadt, sei es, so wie dieses Mal, die Fahrt rund um die Moldau und die Fahrten durch die Stadt mit den vielen schönen Highlights. Der Weihnachstmarkt am Friedensplatz war der erste, der offen hatte und entsprechend überfüllt war er, die Atmosphäre dennoch stimmig, romantisch und entsprechend fernwehfördernd. Der Altstadtring ist wunderschön, die Karlsbrücke einfach ein „must see“, die Straßen alles andere als radfreunlich, die halbherzigen Radsymbole auf dem Teer sind nicht nur lieblos, sondern zum Teil nur eine Sicherheit vortäuschend, die defacto nicht existent ist. Der Verkehr brummt gut, die Autofahrer (zumindest einige, die uns nahe kamen) scheinen keine leidenschaftlichen Biker zu sein. Wir schon. Die Kneipen so zahlreich, wie vielfältig und bunt, die Unterkünfte dürften für jeden Geldbeutel ein Angebot haben, die Parkplätze kosten einfach zu viel. Besser vielleicht man reist gleich mit dem Rad an und bleibt ein paar Tage.
Fazit – Brompton
Prag by Brompton hat richtig mächtig Spaß gemacht. Klar, die Pflastersteine sind jetzt nicht die Geburtsstätte aller Bromptonhormone, aber – hey – mit den Bikes bist du flink, wendig und vor allem eines: super flexibel. Egal ob Straßenbahn, Fähre oder Menschmassenauflauf auf der Karlsbrücke oder auf der Burg, mit den Bromptons kommst du flott überall durch, fahrend, wie schiebend, oder auch zur Not mal tragend, wenn es zahlreiche Stufen hinauf oder hinab geht. Kein Ding. Die Gänge bei unseren Bikes (P 4×3 / C 2×3) brachten uns auch die steilen Rampen hinauf und sorgten für flotten Vortrieb bei leicht abschüssigen Passagen. Einmal mit Nabendynamo, einmal mit Lezyne Akku Leuchten waren wir stet sichtbar und die schmalen Lenker erlauben im Wortsinn ein effizientes Durchschlängeln. Ich glaube, ich werde ein Brompton Fan.
Für all jene, die Pflastersteine und steile Rampen lieber mit einem MTB angehen wollen … gibt es vllt. hier was passendes. Have a look.
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