einmal ist immer das erste Mal
„Papa, jetzt müssen wir dann auch mal einen Overnighter machen!“
Alexandra, Frühjahr 2022
Sprach in diesem Jahr meine Lieblingstochter groß, nachdem ihre eigene Tochter diese Erfahrung schon vor 2 Jahren machen durfte und die Schwester, also Lieblingstochter klein, im vergangenen Jahr dieser Faszination auch nicht entgehen konnte..
„Wie schauts aus? Morgen?“
Papa, Spätherbst 2022
Schreibt der Vater dann auf digitalem Wege, um die Sache klar zu machen. „JA“ kam die Antwort kurz und knapp. Auf meine ergänzende Frage, was denn an Speis & Trank so auf der Liste stünde, kam nur „Müsli, Wasser, Wein“ als Meldung zurück. Das hatte also noch Potential. Sie konnte ja nicht wissen, dass ein „Zeltaufbaubier“ ebenso obligat ist, wie der Kaffee am Morgen und etwas warmes am Abend.
Gut, „Papa, was brauch ich alles?“ – war dann etwas arg allgemein gehalten, aber gab mir auch den Raum zur Beratung. Schlafsack, Matte, was warmes ist ja eh klar – wichtig aber sind auch die so selbstverständlichen Dinge, wie Zahnbürste, Zahnpasta, ein Besteck (fürs Abendmahl und das Müsli) sowie natürlich entsprechende Behältnisse. Müsli aus der hohlen Hand kommt nicht so gut, und wer schon mal Maultaschen ohne Schale gegessen hat, kann nachvollziehen, dass das keine Lösung ist. Zelt und Gaskocher kommt von mir, ein Feuerzeug hab ich nach diversen Erfahrungen meist 2fach dabei – sicher ist sicher. Auch etwas Brennholz (trockene Buche brennt einfach besser, wie diese feuchten taunassen Zweige) macht Sinn, füllt aber die Taschen. Apropos Taschen. Lieblingstochter groß untergräbt die Familienehre etwas, indem sie vorschlägt, das eBike zu nehmen, fügt aber als Grund hinzu „da kann man ja den Hänger dran machen, dann haben wir kein Platzproblem“. Ok, das ist ein Angebot. Stattgegeben. Ausnahmsweise.
Start im Halbdunkel
Nachdem in der Nacht zuvor, die Uhren eine Stunde zurückgestellt wurden, ist es zur verabredeten Uhrzeit (jeder hatte noch so seine Unternehmungen) um 17h eben nicht mehr 18 Uhr (zu der Zeit es in den letzten 3-4Wo langsam finster wurde). Kurzum: 17h und die Dunkelheit bricht über uns herein, wir sind aber noch gar nicht gestartet. „Hast Du dies“ „hast Du das“ .. und überhaupt, soll ich zur Reserve noch was mitnehmen? Wein hab ich, ja ich auch. Das war also schon mal save. „Aber Papa, ich hab kein Rücklicht“ – Dackelblick mit Schulterzucken. Keine Sorge, ich hab eins. Dachte ich zumindest – bis ich feststellen musste, dass der Akku den OVernighter von vor zwei Wochen noch nicht verdaut hatte und mangels Nachladung in die Knie gegangen war. Also dann eben ohne Rücklicht – wir fahren ja eh nur offroad.
Anlanden im Dunkeln
Ok, wer spät startet, kommt auch spät an – hilft ja nix. Sprich, mein SON Licht, weist den Weg und als wir das Camp erreichen gilt es die Lupine auszupacken und sich erstmal einen Überblick zu verschaffen. Wo ist es eben, wo wird man nicht gesehen, wo liegt genügend totes Holz und finally: wo ist ein Baumstumpf oder ähnliches, damit wir nicht auf dem blanken Kies kauern müssen. Kies? Meine Tochter lächelt milde, hat sie doch ihren Helinox eingepackt, an den ich Schlumpf nun überhaupt nicht gedacht habe. 1:0 für Madame.
Die Zeit vergeht wie im Flug, die Mondsichel hat sich hinter dem Berg verzupft und das Feuerchen in meinem Hobo macht ein schönes Licht welches (zuviel mag ich zugeben) von dem geilen Goal Zero Camping Licht mehr als satt unterstützt wird (wenn man schon mal einen Anhänger „dabei“ hat). Wir tappen also nicht im Dunkeln, im Gegenteil.
Der Gaskocher wird angeworfen, die Maultaschen sind im Nu soweit und etwas Warmes braucht der Mensch. Uns gehts gut. Prost.
Es kommt, was immer kommt, wenn man so ums Feuer sitzt, die JBL4 Box leise vor sich hin wummert und die innere Wärme für Gemütlichkeit sorgt. Man quatsch, man sinniert, man erinnert sich und vielleicht schaut man manchmal auf ein Stückweit voraus. Wenn der Vater mit der Tochter mal so eine Gelegenheit hat, dann ist das nicht nur wertvoll sondern auch eine unheimlich schöne Qualitätszeit. Da ist es auch mal erlaubt zu schweigen und sich einfach nur zu freuen. Ich bin stolz auf meine Mädels. Je später die Stunde vorrückt, desto stimmiger wird die (leise) Musik und desto tiefer gehen die Gespräche. Ob Jonas uns sehen kann?
Finale
„Papa, ich hab Angst vorm schlafengehen“.
Tochter Alex, gegen 1h … noch nicht ganz überzeugt von Nachtruhe
Spricht sie und schenkt sich noch was in den Becher, um nicht ins Bett gehen zu müssen. Die Rede ist nicht vom bösen Wolf oder irgendwelchen Geistern. Nein, die junge Dame hat Respekt vor der Temperatur. Könnte ja kälter werden als im heimischen, gut isolierten, Schlafzimmer. „Mach Dir da mal keine Sorgen“, tröstet der Vater und lächelt milde. Doch der Trost konnte die Göre nicht davon abhalten in voller Montur mit gefühlt 5 Lagen Wäsche in meinen Winter(!) Schlafsack zu klettern. Um es vorweg zu nehmen: gefroren hat sie nicht. Ich hingegen habe in meinem ThermA-Rest Quillt nur mit Shirt und Short allerdings auch nicht geschwitzt, so warm war es dann nun auch wieder nicht (hätt mir ja nur was überziehen müssen, ich cooler Held).
Wir werden wach. Sind bestens gelaunt. Auch wenn mein Arbeitswecker auf dem Handy uns in die Realität zu holen versuchte (620h viel zu früh), wir drehen uns einfach nochmal und konnten dann gegen 830h die Sonnenstrahlen über der Bergkuppe doch nicht abwarten.
Frischer Kaffee muss her. Und wie der duftet. Auch wenn sie es nicht explizit erwähnt, ich spüre wie die Angst vor der kühlen Nacht der Freude über den frischen Morgen weicht. Wir grinsen, sind zufrieden, haben alle Zeit der Welt – der Schwiegersohn kümmert sich um meine Enkel, die Frau ist in der Arbeit und wir lassen den Tag erstmal ganz langsam kommen, wärmen unsere Hände am Kaffeebecher. Wieder Erinnerungsperlen …. wertvolle. Danke für die Zeit, liebe Alex.
feel warm 🙂
Aus der Serie „mein erster Overnighter“:
Luna (6) –> hier
Anna (21) –> hier
Alex (3x)–> steht eh hier
Theo (4) –> folgt alsbald
*** (c) udokah.de, Nov22 ***
Dein Artikel ist der Perfekte Antidot zu diesem Novemberwetter!
Hallo,
vor gut 10 Jahren habe ich mit meiner damals 13/14 Jahre alten Tochter auch zwei Radtouren mit Zelt gemacht. Einmal warmes Frankreich und einmal nicht so warmes Norwegen/Schweden. Da erinnern wir uns noch gern dran.
Great — das sind unvergessene Momente. Kannste so nicht buchen, kann Dir niemand nehmen. Ride on … lg udo