Tag 28 — Ruhetag — Fähre nach Helsinki

Ich sagte ja schon, Lothar ist früh raus heut. Bisserl nervös vielleicht? Dennoch erreichen wir die Fähre pünktlich und rollen in das offene Maul … gespannt auf das was kommen mag. Bye bye Baltikum. Es war schön bei Dir. Wir sehen uns sicherlich ein zweites Mal. An Bord der 9stöckigen Fähre geht es unaufgeregt zu. Wir schreiben, sinnieren, reflektieren. Es gibt keine Wunden, die es zu lecken gäbe. Der Hintern hält (wir werden oft gefragt) dank der täglichen Dosis Hirschtalg. Die Einstichstellen jucken bisweilen, aber auch das ist noch kein Grund zur Klage. Das Material hält, wir haben alles was wir brauchen am Mann, es mangelt uns an nix. Ok, meine JBL Box geht mir bisweilen ab.

Zwischenfazit bis hierher. Geile Reise. Dont wanna miss a second, looking forward to all these moments are waitin for us. Es ist spannend, es ist toll. Und dennoch: die lieben Menschen daheim, die schönen Telefonate und die “Heimat“ … man merkt auf Reisen sehr wohl auch, auf was man sich dann wieder freut, wenn der Track langsam heimwärtsdreht. Bald …. aber noch nicht ganz bald, sehen wir u s wieder, Silvia, Alex, Anna, Paula, Theo, Daniel, Mathias …. Freu!

aktuelle Position

Helsinki, we are coming …. Was für Gegensätze, die letzten 27 Tage eigentlich (R) nur Natur pur, Ruhe (Sieht man von der einen oder anderen Technoparty ab) und sehr viel Wald und Flur, Wasser, Strand und Sand (auch da wo er nicht hin gehört) … und nun die dritte Hauptstadt. Wir haben das Land Nummero 5 betreten, leider ohne Schlagbaum, Grenzschild oder sonstiges, und tauchen in das lebendige Treiben ein. Viele Menschen, viele schöne Frauen (Lothar sieht ständig eine, auf die er mich aufmerksam macht, weil ich eher Denkmäler und so ….), Musik hier, 3Master Windjammer dort, eine Rockband in Uniform spielt im Park. Wir nehmen Platz im Cafe Frazer, eines der ältesten Häuser am Platz (since 1890), ordern zwei kleine (! grosse gibt es nicht) Bier und lassen den Mund noch ein wenig offen, als es „15Euro please“ heisst. Also, 2x 0,33l, is kla ne.

Wir gleiten durch die Stadt, die Menschen im Park treiben Sport jeder Art, es gibt eine Menge zu sehen. Morgen findet eine Riesenparty in der Stadt statt. Motto Pride. Thema die sexuelle Regenbogenwelt und der erforderliche Respekt hierfür. Wir erwägen “teilzunehmen“ … passiv, eh klar. Fotografisch würd es mich sehr reizen, anderseits, die Natur vor den Toren Helsinkis steht aber auch auf dem Plan und bummeln ist noch nicht drin.

Der Zufall will es, das wir Abends privat unterkommen. Immer gut, wenn man jemanden kennt, der einen kennt. Vielen Dank Christoph an dieser Stelle auch für Deine Tipps. Unsere Herberge ist etwas “Anders“ aber durchaus stylisch. Wir dürfen alleine hier nächtigen, den Schlüssel bitte nicht verlieren. Am Morgen bekommen wir aber ein sehr nettes Frühstück serviert, Omelette, Lachs, O—Saft alles dabei. Dankeschön.

Diese Aufgabe hatte ich heute

Tag 29 — 97km, 780hm, 5h44 Fz

Wir kommen Punkt neun Uhr vom Hof. Die Würfel sind gefallen, wir lassen die Love Parade hinter uns und schauen, das wir aus der Stadt kommen. Circa 20km dauert es, immerhin auf gut organisierten Radwegen, bis uns Helsinki ausspuckt. Finnland, wir erradeln dich jetzt. Der Unterschied wird sofort deutlich. Hier geht es auf und ab, Anstiege, die kurz beissen, werden abgelöst mit kurzen, erholsamen Abfahrten. Am Ende haben wir knapp 800 Höhenmeter auf der Uhr. Der heutige Track besteht zu 90% aus Radwegen, die wenigen Orte am Rand laden zur Rast ein, zweimal werden wir schwach. Einmal führt uns die Spur in einen kleinen Dschungel, der in hohem Gras mit reifenbreitem, kaum wahrnehmbaren Weg mäandert.

Ist das der Track??

Da weit und breit kein einziger Campingplatz in Sicht ist, kaufen wir auf Vorrat ein. Irgendein ein See wird doch wohl hergehen. Gar nicht so einfach. Entweder steht ein Haus auf dem Grundstück, oder die Wildnis gibt keine Fläche preis. In Katteluksen finden wir einen Platz, der unseren Vorstellungen entspricht. Hier schlagen wir unsere Zelte auf, baden und Lothar wettet noch auf Regen, weil ich heute ohne Zelthaut schlafe. Wer diese Wette wohl gewinnt?

Tag 30 — 102km, 790hm, 5h45 Fz

Die Wette ging (natürlich) an mich. Kein Regen, keine Zelthaut notwendig. Alles gut. Die Sonne küsst uns wach, wir geniessen die Stille am Morgen. Apropos „genießen“, ich muss Euch noch die gestrige Highlight Szene verraten. Ort: besagter Zeltplatz. Zeit: kurz nach Ankunft. Szene: die Matten liegen ausgerollt am Hügel, zwei, natürlich, alkoholfreie Büchsen Bier stehen bereit, die engen Radhosen haben wir längst abgeworfen, die Schuhe sowieso, der Körper ist noch etwas feucht von unserem Bad im See. Kurzum: zwei ältere zufriedene Männer, am Seeufer. Die Dose macht “zisch“, Prost, die Sonne lächelt milde auf uns herab, jedes Wort wär jetzt zuviel. Wir glotzen auf den See, ein guter Platz zum Rauchen, würde Tommy jetzt sagen. Wir glotzen weiter und ich öffne das Handy und hole den passendsten Song für genau diesen Moment ever heraus. “irgendwann“ vom guten Chris Columbus (Vivek). Wir schweigen und geniessen. So schön kann reisen sein. Jedes Wort zuviel. „Thats why“ pflege ich zu sagen.


…. (innehalten) ….

Ja, Reinhard, Du hast vollkommen Recht mit Deiner Nachricht heute morgen. Erlebnisse zum platzen viele. Ja, wir sammeln einen kostbaren Moment nach dem anderen sorgsam auf. So schön, so wertvoll. Die kommen alle auf die XXL Perlenkette und in den Memory Tresor.

Der dreizigste Tag ist angebrochen. Wir frühstücken feinstes Müsli mit Obst und gönnen uns einen guten Kaffee. Unsere Hinterlassenschaften vergraben wir in der Erde, den Müll nehmen wir selbstredend mit. Zurück zum Track sind es nur wenige Meter. Auf dem Plan steht heute eine 100, nur dann geht endlich Wäsche waschen. Wir peilen Salo an, circa 45km entfernt und benutzen bis dahin die Bremsen nicht mehr (nur 1x für den Müll). 9h Abfahrt, kurz nach 11h Ankunft, das ging doch schon mal ganz gut, ein 20iger Schnitt ist nicht immer leicht, zumal das stete Auf und Ab (am Ende haben wir wieder 800hm auf der Uhr) nicht spurlos an den Schenkeln vorübergeht. Ich spür mich schon gut, so ist es nicht.

Aber auch rasten frisst Zeit und so dauert es erneut eine Weile, bis wir den Ort verlassen. Zuvor haben wir noch im gefühlt grössten Supermarkt des Landes Vorräte gebunkert, dann geht es weiter. Paimio und Kaarina sind die nächsten Eckpfeiler. Es flutscht unglaublich gut, am Gegenwind kann es nicht liegen, entweder weil wir mittlerweile so im Rhythmus sind oder weil der Belag und die Wegführung so komplikationsarm sind, oder weil wir halt einfach so unglaublich gut drauf sind. However, wir sind in Kaarina, nur noch wenige Kilometer glauben wir, es sollten nochmal gut 10 wellige werden. 102km. Uff.

Der Platz ist auf den ersten Blick ok. Was dann folgte sollte im Regal der Peinlichkeiten abgelegt werden. Einer der Gäste (so sah es zumindest aus) nimmt uns in Empfang und erzählt in Englisch in welchem Wohnwagen die “Rezeption“ sich befindet. Ok. Der WoWa Mann spricht kein Wort unserer Sprachen, also übersetzt der “Gehilfe“ weiterhin. “Ja, klar am Strand, no Problem, you can stay there“. Geil. Der tolle Platz ist zwar maximal weit von jeder Infrastruktur entfernt, aber er gefällt uns. Doch auf einmal erscheint eine weitere “Bewohnerin“, finnisch sprechend, nicht lächelnd und der „Manager“ teilt uns mit “unfortunatly, dieser Platz ist nicht möglich“. Begründung: die Saunagäste des Platzes gehen nach der Sauna immer ins Wasser und mögen das nicht. Aha. Ich sag ihm “wir schauen auch weg“, aber das Argument zieht nicht. Auch mein Hinweis, das wenn wir selbst in die Sauna gehen, die barocken Figuren ja allesamt augal auch so sehen, wie Gott sie schuf, geht nicht einher mit seiner/ihrer Logik. Also gut, dann den Platz mit Tisch am Rande des Platzes. Ja, der geht freilich. Wir schieben hoch, wollen absatteln, sagt die Krähe “no, no, …. der geht nicht, weil es könnten ja noch Camper kommen“. Sag ich, die Geduld verlierend, “wir sind doch auch Camper“. Lothar, bisher stumm, will schlichten und sagt kurz “Udo, komm, wir fahren“. Ja, wohin denn, 15km zurück? Nee, auch nicht. Am Ende dieser unseligen Debatte, weist uns die Eule einen Platz nahe jeder Infrastruktur zu (was durchaus Vorteile hat) und verzichte auf den Hinweis, das dieser Platz exaktemente der gleiche ist, wie der, der eben nicht ging. Ich glaube, sie merken, das ich langsam ungeduldig werde. Zu guter Letzt tippt sie noch in Zeitlupe meine Daten in den Commodore 364 oder was immer das da im Schubladen war. Made my day.

Anyway, der Hausmeister spendiert uns zwei Bier nachdem ich es mir nicht verkneifen konnte das Wort “Journalist“ fallen zu lassen ein wenig später kommt auch noch die Chefin vom Platzpresident vorbei und entschuldigt sich wortreich. Ende gut, alles gut. Wir spielen Tischtennis und bekommen von einem Bochumer zwei weitere Bier geschenkt, weil Biken geil is. Recht hat er. DANKE dafür.

Tag 31 — 105km (inkl 10km Fähre) 780hm, 5h32 Fz

Christoph sei Dank haben wir eine alternative Planung bzw. einen Track, der besser ist als unsere Siegsdorfer Abendbier Planung. Wir werden die berühmte Saariston Rengastielle (Rengastie) befahren und zwar ordentlich. Fünf Fähren werden wir nutzen, und dennoch stehen — laut Christoph — am Ende rund 100km auf dem Tacho. Inselhüpfen der besonderen Art. Die Hügel bleiben unverändert, auch heute rund 800hm, egal. Die Landschaft entschädigt. Natur soweit das Auge reicht. Immer wieder tauchen schöne Häuser am Wald— oder Uferrand auf. Die Arme der unzähligen Wasserläufe breiten sich weitläufig aus, Segel am Horizont, Motorboote ziehen ihre Spuren, Autos gibt es nur die wenigen, die die Fähre von Bord gelassen hat. Immer wieder müssen wir anhalten und ein Foto schiessen. So ist es wenig verwunderlich, das wir nach rund 70km und erst bei der vierten Fähre einen Stopp einlegen. So abwechslungsreich die Route, so rund unser Tritt. Den Lothar sticht bei Km60 einmal so sehr der Hafer, das er aus dem Sattel geht als gelte es die letzte Fähre vor Weltuntergang zu erreichen. Wir kacheln mit 31/32 dahin … schon cool.

Schliesslich überholt uns eine nette junge Finnin ganz locker bei einem Anstieg und ich rufe ihr hinterher “you can get some luggage, if you want“. Sie lacht aus vollem Herzen, wird langsamer und begleitet uns die nächsten 5km. Sie und ihr Freund haben ein Stück Land mit See gekauft und werden künftig Bikern eine Bleibe bieten, spannender Lebensentwurf.

Heute mit Feuer (nicht erlaubt)

Nun haben wir noch zwei kleine Fähren und dann endet der Track in dieser sagenhaften Inselwelt am Mossala Resort. Ich spendiere Lothar ein Bier und staune nicht schlecht, als die Dame 19,80 aufruft. A bisserl was geht halt doch immer noch. Prost.

Wir suchen uns einen schönen Platz und werden sogleich von netten, aber leider doch bissigen, Minimoskitos begrüsst. Sch*Viecher. Nachdem die Dame vom Camp uns wärmsten empfohlen hat, den Observation Tower zu besichtigen, machen wir das natürlich auch. Zuvor jedoch gibt es Lagerfeuer und leckere Grillwurst mit frischem Salat. Es dauert nicht lang, da werden wir freundlich auf die Waldbrandgefahr hingewiesen. Ja, die Finnen nehmen die Dinge schon ernst hier.

Der ca 9m hohe Turm bietet uns gewaltige Ausblicke und wir müssen mit der Aussenwelt diese Eindrücke teilen, Lothar macht eine Live Übertragung mit Videoschalte, ich Facetime meine Kinder an. Was für gewaltige Augenblicke. Thats why.

Thats why !!

Tag32 — 69km (inkl. ca 15km Fähre), 390hm, 4h22 Fz

Um 8h geht die Fähre. Wir haben gestern weise beraten und uns wieder mal für die vernünftigere Lösung entschieden. 8h statt 10h. Wer weiss schon, wie es weitergeht, da ist ein wenig Puffer nicht verkehrt. In der Nacht gab es nicht nur ordentlich Regen und ein kräftiges Donnergrollen, sondern auch eine Zeltnachbarsfamilie mit Hund. Entweder hatte die Family die Klappe auf, oder der Hund. Ey. Bis über Mitternacht hinaus. Ich erwäge Böses, schlafe dann aber doch selig ein. Um 3h07 rette ich die Räder vor dem Regen und um 6h40 ist die Nacht vorbei. Die Sonne scheint einmal mehr.

Wir erwischen die Fähre planmässig. Hüpfen auf die gefühlt 27igste Insel und verpassen um 9h33 Fähre Nr2 nach Kustavi um exakt 3min. Die nächste geht mit 90min Versatz. Auch gut. Einen Kaffee, bitte. Wir rasten gemütlich und lassen uns nicht weiter aus dem Tritt bringen. Diese zweite Fähre bringt uns wohlbehalten nach Kustavi, dort checken wir doch besser mal die Fährpläne. 13h35 geht die nächste grössere und dazwischen liegt noch eine kleine und 12km to go, sowie ein Lebensmittelladen zum Bunkern. Sollte klappen.

Die Inselwelt präsentiert sich unverändert traumhaft. Nahezu jedes Haus hat seinen eigenen Schärenfelsen, jeder Wasserarm eine Bootsanlegestelle, jede Bucht ein rotes Häuschen. Schöner kannst Du es auch nicht malen. Heute wird zwar geradelt, aber das läuft irgendwie so nebenbei zwischen Fähre, sich sattgucken und geniessen.

Wir erreichen die nächste Insel um 14h15 und um weiter zu kommen müssten wir nach Torsholma, 23km entfernt um dort die Fähre 15h15 zu erreichen, die uns dann nach Hummelvik via Kummlinge bringen würde. Das wäre ambitioniert, mit Rückenwind vielleicht sogar machbar, aber vergiss es, wir sind nicht auf der Flucht. Unsere App hat einen Campground Vorschlag, 12km entfernt, den steuern wir an und sind herb enttäuscht. Ok, Fähre 15h15 erreichen ist ausweglos, die nächste geht um 2115h (Ankunft 2335h) — auch keine Option. Also scouten wir ein wenig. Ein einsamer Laden ist schnell gefunden, hier gibt es vom Angelhaken bis zum Schnürsenkel alles. Herr Google verrät uns unweit eine PicNic Area. Das klingt doch gut. Das Schild „Feuer verboten“ wird von uns akzeptiert, ok, also kein Feuer heut. Das Schild „Zelten verboten“ jedoch überzeugt uns nicht vollumfänglich. Hier bleiben wir. Sogar mit Plumsklo am Rande. Sandstrand inklusive, Tisch und Bank ebenso. Was willst Du mehr. Der Wind weht tüchtig, die Mücken nutzen dennoch jede sich bietende Gelegenheit.

Es gibt schlechtere Plätze, oder?

Wir machen uns nackig, springen ins Salzwasser und legen uns anschliessend lange, lange auf die heissen Schären—Steine. So geht Urlaub. Als eine junge Familie auftaucht bin ich ganz froh um mein Kopfkissen (ein Mini Handtuch), welches ich sofort in einen Lendenschurz umwandele.

Der Abend endet perfekt (abgesehen von der Anzahl der überlebenden Mücken). Wir speisen königlich (Gartengemüse mit Risotto), kochen Tee, trinken Bier, essen Nüsse und schiessen Fotos um den entfliehenden Moment einzufrieren. So geil. Der Blick aus meinem Zelt ist unbezahlbar.

Morgen geht die Fähre erneut um 8h und die 8km dorthin machen wir auf einer Backe. Äland, wir kommen.

Tag 33 — 65km, 450hm, 3h42 Fz

Fähre erreicht. Jetzt 2h35 Zeit zum Seele baumeln und bloggen.

Diese Fähre kriegen wir

zwischendrin mal ein paar ZDF. Auf den Inseln, die wir zuvor durchfahren sind, gibt es doch tatsächlich 200 amtlich gemeldete Einwohner (davon 12 Kinder). Wie das mit der Schule geht, konnte mir die finnische, radelnde Profivolleyballerin allerdings auch nicht verraten. Verraten hat mir allerdings Reinhard, dass es hier nicht weniger als 6757 Inseln (grösser 1/4ha) gibt. Die kannst Du in einem Leben nicht erradeln.

Auch hab ich jetzt 33Tage erfolgreich vergessen Euch zu sagen, dass ihr unsere Tour auch auf Komoot verfolgen könnt. Bin dort mit meinem Namen gelistet und speichere täglich brav ab. Die Ostsee Collection füllt sich langsam.

Another day in Paradise. Klingt arg euphorisch, darf es aber auch. Das Wetter ist uns auch am 33igsten Tag (!) gewogen. Streng genommen hatten wir bisher keinen Regen zu beklagen, sieht man von 2—3x unterstellen und dem ein oder anderen Schauer in der Nacht ab. Like. Wir durchkurbeln Äland. Die Hauser sind farbenprächtig und genauso kitschig, wie man es aus dem TV kennt. Windmühlen, bunte Vorgärten, farbenfrohe Briefkastenanlagen und der ein oder andere Touristenhotspot. Wir entscheiden uns für eine Campingplatz ca 13km vor dem Fährhafen in Eckerö … noch eine Nacht auf Äland.

Der Platz ist spartanisch und wir werden gebeten nicht direkt am Beach zu schlafen, auch gut, auf diese Art finden wir abseits einen Traumspot direkt am Wasser mit einem kleinen Unterstand. Da es heute schon fast ein lazy day war (wenngleich Gegenwind Km zählen eigentlich doppelt) sind wir entsprechend früh gegen 16h30 am Platz und haben den ganzen Abend Zeit für Muße. Es gibt mal wieder Salat und Würstel und auch ein (2?) Bier fehlt nicht. Der Sundowner ist genial und dauert bis weit über 23h hinaus. Ich lasse die Zelttüre auf, da aufgrund der steten Windstösse keine Moskitos in Sicht sind. Die vorhin sich so bedrohlich aufbauende Wolkenfront hat sich nach kurzem Guss auch wieder verzupft. Wir schlafen selig. Morgen ist sogar üppig ausschlafen erlaubt, da unsere Fähre erst um 13h30 die Insel verlässt. Die Touris an Bord stehen schon Schlange und werden später kistenweise Alkoholika aus dem Pott schleppen. Egal. Schweden wir kommen.

Das mit der Fähre klappte ganz gut, 2h Fahrzeit, aber nur 1h verloren. Wir sind wieder in „unserer“ Zeit angekommen. Es ist 1430h und wir entscheiden zugunsten eines schönen Sees, die Route etwas abzuwandeln. Das sollte einerseits ein gewaltiger Fehler, andererseits sich als geniale Entscheidung herausstellen. Fehler, weil wir ca. 40km in einen Verkehrssog
geraten, der nicht mehr feierlich ist. Wumm, Wumm, Wumm, ein Kfz nach dem anderen wischt an uns vorbei. Nach den friedlichen Äland Inseln, schon fast ein Alptraum. Genial aber, weil der See ein Traumspot ist. Alles richtig gemacht. Die Pizzeria um die Ecke versorgt uns und das schwedische Schild mit dem durchgestrichenen Zelt können wir nicht lesen. Jetzt müssen wir nur noch warten, bis die kurdische Grossfamilie in der Picknick Ecke sich mal langsam trollt. Wir schlafen einsam und selig. Morgen steht Stockholm auf dem Plan. Hauptstadt Nr.4, im Land Nr.6.

Tag 34 — 133km (inkl 30 fck km), 1050 (!)hm, 6h51 Fz

Die Stimmung am See ist perfekt und wir haben nur noch 12km auf dieser ätzenden Landstrasse. Dann geht es wieder auf den Track und wird hoffentlich besser. Denkste. Wir sollten unser navigatorisches Desaster erleben. Und das — wohlgemerkt — an unserem Ruhetag, der dritte, der uns doch wohl zustünde. Aber heute besucht mich eine meiner beiden Lieblingstöchter in Stockholm, da dürfen es ein paar Km sein. Aufgrund einer unglücklichen Verkettung verschiedener Fehler, Annahmen und mangels ausreichender Aufmerksamkeit finden wir tatsächlich unseren richtigen Track und folgen diesem gehorsam. Das geht eine Weile und wir haben ein hohes Tempo, trotz gelegentlichem Gegenwind. Schliesslich überholen wir noch einen älteren Rennradfahrer, der sich fortan an unser Hinterrad klemmt, aber ab und an den Anschluss verliert (bergab) um dann wieder aufzuschliessen (bergauf). Nach geraumer Zeit komm ich mit ihm ins Gespräch (naja, er spricht nur schwedisch) und er fragt irgenwie wohin wir wollen. Stolz berichte ich ihm “Stockholm“. Er bleibt stehen, schüttelt den Kopf und sagt nur “wrong“. Wie wrong?? Ey.

Lange Rede …. wir waren auf dem richtigen Track, nur falsch rum. Über 15km lang, d.h. in Summe über 30versch* Kilometer!! Als ich Lothar über diesen Sachverhalt informiere, rutscht ihm auch noch “ich hab mich schon gewundert heraus“. Klasse, 15km wundern. Es hilft nix, umdrehen und den Track richtig fahren. Zurück auf Los, ohne 4000Euro. Shit happens.

And the good news is: wir bekamen keinen Tropfen ab

Irgendwie schaffen wir diese Kilometer wieder gutzumachen und stehen um 11h30 genau dort, wo wir um kurz nach 10h bei km12 auf schon standen. Gut Jungs. Der restliche Streckenverlauf ist relativ unspektakulär und die Km Addition etwas frustrierend… gegen 16h landen wir vor den Toren Stockholms und quälen uns mühsam durch die Adern der Grossstadt und ihrer Vorhöfe. Es dauert noch bis ca. 1730h und einige Wirrungen bis wir nach 130(!)km am Stadtcamp Klubbensbergvägan ankommen. Eine Sms an Anna und der Feierabend kann kommen. Von wegen, das Cafe am Platz hat seit 16h geschlossen, der Besitzer ist in Urlaub und das kleine Mädchen teilt uns mit “sorry, all tents are booked“. Wie bittä? Ich krieg Pickel. Zeitgleich kommt die Sms von Anna, die mir mitteilt, draussen stehe ein Schild mit der Aufschrift “Camp Full“— darf nicht wahr sein. Nächster Platz nochmal 3,5km und weitere 80hm.

Wir verbringen trotzdem einen wunderbaren Abend mit Anna und dem Schwiegersohn in Spe, der den VW Camper zielsicher durch die Strassen navigiert. Danke Anna, das Du da warst.

Tag36 — 86km, 700hm, 4h49 Fz

Vorweg soviel: das war heute eine Tour durchs Bilderbuch—Schweden. Mega.…. das ist einer solcher Tage, da braucht es nicht vieler Worte, da tun es ein paar Bilder und jene andächtige Ruhe, die mich grad (22h) umgibt.

Wir verabschieden uns von Anna & Mathias und nehmen den richtigen Track in richtiger Richtung, aus Stockholm heraus. 20km allerbeste Radwege. Chapeau. Dann wird das Land so, wie man es sich vorstellt. Grüne Weiden und Wälder, blaue Seen, rote Häuser, graue Schärenfelsen, kein Verkehr, strahlende Sonne, milde Tempetaturen …. all sowas. Herrlich. Kitschig schön. Die Fähre bei Skanssundet macht das Gemälde feierlich bunt. Ein Traum. So geht der Tag bei bestem Wetter reibungsfrei dahin und wir lassen ein Camp links liegen und entscheiden uns bei km86 für einen stillen, einsamen Ort im Wald am Ufer eines grossen Sees. Lothar schlägt eine Schneise in den Schilfbewuchs, damit ich barrierefrei ins Wasser gleiten kann, wie eine Nixe oder so ähnlich zumindest.

Am Abend gibt es gute Nahrung aus der Tüte und kein Bier, dafür aber ein irres Wolkenspiel mit unendlich langem Sonnenuntergang. Gute Nacht.

Tag37 — 50km, 320hm, 2h53 Fz

Die Würfel sind gefallen. Heute machen wir mal einen lazy day und fahren “nur“ 50km zum nächsten vielversprechenden Zeltplatz am Meer. Warum denn auch nicht. Gegen Mittag erreichen wir Nävekvarn und sind überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Nach reichhaltig Sonne am Vormittag, trübt es am Nachmittag etwas ein, um gegen Abend wieder aufzureissen. Unser nächstes Ziel (Linköpping) wurde auf der Wetterkarte ebenfalls beworben und sagt für Dienstagmorgen (wenn wir dort abfahren) geschmeidige 14h Sonne voraus. Frau M. & Herr „F“, sehen Sie es mir nach, wenn ich auch an jenem Dienstag den Ritt im Sonnenschein einer schattigen ermüdenden TelCo den Vorzug gebe (solange ich das wählen kann 🙂 — ich freue mich dennoch über humorige Rückmeldung aus Ihren Reihen).

Unser Spot ist klasse, über einen langen Steg geht es hinüber nach Skäret, einer kleinen Insel. Wir erkunden das Geläuf und lassen uns treiben. Der Blog bekommt ebenso etwas Pflege (schliesslich wird es noch einzelne Länderkapitel geben, wenn ich daheim mal alle Gedanken sortiert hab), wie auch unsere ZDF Mitschrift. Über 3100km (d.h. ~89 per day, wenn man die 2 Ruhetage in Riga und Helsinki ausnimmt = voll im Plan) sind wir mittlerweile geritten, über 13000 Höhenmeter haben sich aufaddiert. Wir leben noch, nein, wir leben bestens. An dieser Stelle ein aufrechter Gruss (und Dank !!) an die liebe Leserschaft, die zwar “mitreist“, aber daheim die Stellung hält — das gilt first of all den Familien, aber auch den Freunden und Kollegen (und ggf sogar dem einen oder anderen Businesskontakt vllt. uU evtl 😏)

Eine Bok !

Gönnen wir an dieser Stelle auch dem Blog einen Durchschnaufer. Es ist Sonntag 1930h, wir haben noch ein Bier, die Sonne brennt einmal mehr und wir müssen jetzt noch etwas Seelenbaumeln.

Wohin mit all dem Glück?

Wohin mit all dem Glück ?

Tag38 – 95km, 640hm, 5h13 Fz

Ich bin noch ganz besoffen von letzter Nacht. Nein, nicht von den zwei Genussbieren, sondern den Eindrücken und dem Farbenspiel auf Skäret. Die Bilder werden mir auch im Nachgang am Schreibtisch noch das Grinsen ins Gesicht zaubern. Du brauchst keinen Flug ins All, auch keine 5 Star Hotel mit Room Service, all sowas nicht. Auf dem Felsen in Skäret sitzen, eine Dose Bier, eine Handvoll Nüsse, diese Wolken, diese Farben und dann noch die Flugshow unserer kleinen Flussseeschwalbe, die sich im Sturzflug immer wieder unter Wasser mit Nahrung versorgt. Einzig.

So darf aufgewacht werden

Einmal mehr küsst uns am Morgen die Sonne wach, das bisschen Kondenswasser auf der Zelthaut trocknet schnell und so sind wir nach einem guten Frühstück (obligates Müsli und Kaffee) wieder auf der Spur in Richtung Linköping (gut 90km entfernt). Der nun folgende Weg ist ein weiterer Traum. Wellig, kurvig, verkehrsarm mitten durch wilden Wald, ab und an werden Lichtungen und ein Blick auf irgendein blau schimmerndes Wasser frei. Zwischendrin natürlich ein Häuschen schöner wie das andere. Ich hab keine Ahnung, wann die Festplatte in meinem Kopf “game over / Speicher voll“ meldet, echt keine Ahnung, aber lang kann jetzt nicht mehr dauern. Geiler Scheiss (Pardon, meine lieben Lieferanten).

Wir benutzen noch einmal eine kleine Fähre, und sind auf den letzten ca. 30km keinen Extremreizen mehr ausgesetzt, ausser vielleicht, dass das Wolkenspiel wieder Fahrt aufnimmt und dieses Mal einen unschönen dunkelgrau Farbton mit beigemischt hat.

Als wir im Camp anlanden, scheint die Sonne und gleichzeitig regnet es ca. 10min lang. Nein, ich will mich jetzt nicht beklagen. Auch der Umstand, dass unser Platz diesmal eher in der Kategorie “normal“ gut abgelegt ist, tut der Gesamt—Euphorie keinen Abbruch. Alles wunderherrlich. Bisserl eher ins Bett heisst länger schlafen.

Tag 39 — 97km, 500hm, 5h19 Fz

Ausgeschlafen. Nicht nötig zu erwähnen, das keine einzige Wolke am Himmel rumgammelt. Die Sonne ist auch schon wach. Wir wären gut fertig geworden, doch leider verratschen wir uns etwas mit Andrea und Stefan aus Wolfratshausen, die mit ihren beiden Patria Bikes nun schon 1(!) Jahr unterwegs sind. Leben aus der Packtasche. Sie wirken sehr glücklich, zufrieden und vollkommen relaxt. Nice to meet you. Euch noch eine gute Reise (wir hier mit unseren „läppischen 7Wo“ …. )

Zack, sind wir um 930h wieder auf der Spur. Heute ist es umgekehrt, bis Mjöby geht es unspektakulär dahin und erst die letzten ca. 30km sind wieder so, wie gestern die ersten 30. Futter für die Festplatte. Wir verbrauchen ordentlich Sonnencreme und täglich Hirschtalg (Christian, perfekter Tipp). Wir rollen in schon fast meditativer Schwingung die Strassen entlang, nehmen alles in uns auf und ich ertappe mich dabei (besonders mit Musik im Ohr) laut “juhuuuuu“ zu rufen, die Hände in den blauen Himmel zu recken und mich nochmal bei Jonas zu bedanken. Auch an Tommy und Martin und manch anderen Wegbegleiter muss man dabei denken.

Kurz vor Gränna / Vätternsee

Gegen 16h30 haben wir, leider, leider nun auch das Teilstück Nummer 12 von insgesamt 15 abgearbeitet. Die Nr 13 hält noch 300 schwedische, die Nr14 schlappe 200 dänische und die Nr15 schliesslich die letzten 102 deutschen Kilometer für uns bereit. Das geht mir alles viel zu schnell. Auch geht nun der Countdown in die andere Richtung… nur noch 10, 9, 8,… Tage bis zum 22.7.! Ein Jammer. „Hey Lothar, und wie wärs, wenn wir bis Berlin fahren, das könnt sich noch ausgehen?“ „Du spinnst ja“. Stimmt. Aber sche is scho.

Skal

Tag 40 — 75km, 670hm, 4h53 Fz

Once again. Guten Morgen Sonnenkuss. Mein Tarp steht exakt in der Sonnenkussschneise, die gegen 6h ihre Strahlen durch das Moskitonetz (by the way: die Mückenplage scheint vorbei) schickt. Noch einmal gewärmt umdrehen und gegen 7h15 die Luft aus der Therm—A—Rest lassen, das ist der Start—Zisch seit rund 40Tagen. Lothar hat bereits seine Übungen gemacht, war im Wasser und ist just in dem Moment auch nicht recht viel weiter wie ich. So gesehen, ….

Zugfahrzeug, Bj 57, 5,8l, 8Zyl. / die Schweden und ihre Hobbys

Wir frühstücken am Seerand in der Sonne, zelebrieren unsere Hirschtalg Morgentoilette und finden dann keine weiteren Gründe noch länger zu bleiben. Der Track führt uns oberhalb vom Vätternsee traumhaft durchs Gelände, bayrisch steil in dieser ersten Hälfte des Tages, also keine lieblichen Wellen, sondern stete Rampen. Die Landschaft und Kulisse entschädigen für die Mühsal. Der aufkommende Gegenwind hingegen macht es auch nicht leichter. Ergo, es ist schön, aber durchaus kräftezehrend. Dann leitet uns unsere Planung auch noch auf 10km übelste Schotterpiste, wenn schon denn schon. Dem nicht genug, seit geraumer Zeit haben sich die Wolken zusammengerottet und machen gemeinsame Sache.

Wir entscheiden uns für den ersten der beiden zur Wahl stehenden Campingplätze, machen also nach nur 75km für heute Schluss, anstatt der alternativen 90km. Auch gut.

Mit Seeblick, what else

Der Platz am Hjörtsjönsee ist sehr schön gelegen, ein Coop war ums Eck, wir sind versorgt. Am Ende des Tages, den wir auf der Liegewiese am See ausklingen lassen, nachdem ein kleiner Schauer kurz um Aufmerksamkeit bat, kommt ein weiterer Radler daher. Österreicher, seit April unterwegs, über die Alpen nach Frankreich, Spanien, Portugal, dann kurz nochmal heim, jetzt auf dem Weg zum Nordkap. Lebensentwürfe … spannend. Wir und unsere läppischen 7Wochen :).

Tag 41 — 90km, 570hm, 5h01 Fz

Was ist los? Die Sonne zögert hinter den Wolken, ok, ich hab vielleicht zu lang geschlafen (8h), aber das sollte kein Grund sein. Wir packeln, frühstücken, ziehen uns aufgrund der erstmals deutlich kühleren Temperaturen (15*C) wärmer als sonst an und starten vergleichsweise spät um 10h. Die Wolken sollten über den Tag hinweg die Übermacht behalten und ab Mittag noch krasse Unterstützung aus der Ventilatorenabteilung bekommen (Hr F, Frau M, Hr R: tun Sie was). Gegenwind bis zu 25kmh ist zuviel des Guten. Wenn du stehend auf der Ebene schwer tretend nicht über 10/11kmh hi aus kommst, läuft was falsch.

Against the wind

So quälen wir uns des Weges, der zwar verkehrsarm, aber deutlich gebremst durchfahren wird. Warum und wie wir dann trotzdem um 15h30 nach knapp 90km in Unnaryd anlanden, bleibt mir ein Rätsel. Vielleicht, weil wir quasi in einem Rutsch durchgefahren sind, sieht man von der einen kleine Pause einmal ab.

Wieder haben wir zwei Optionen. Ein Parkplatz mit Verbotsschild oder ein Campingplatz. Beides inmitten der Windhose um uns rum. Wir entscheiden uns pro Campground, weil heisse Dusche und die viel gelobte Pizza (die letztlich längst nicht so gut, wie angepriesen war) und nehmen die 3km Umweg ohne Widerrede in Kauf. Am Abend werden wir nochmal mit einem kurzen Schauer daran erinnert, das schönes Wetter keine Selbstverständlichkeit ist. Der strahlend blaue Himmel (bei flottem Wind) am Abend lässt uns aber hoffen …. toi toi toi.
Die Story zum Bild gibt es nur gegen Gebühr.

Und ich sag: “bleib so“

Tag 42 — 80km, 380hm, 4h31 Fz

Vorweg: auch wenn es langsam wenig glaubhaft scheint: Sonnenstrahlen lecken das letzte Kondenswasser von der Zelthaut, der Himmel scheint sorgenfrei, und unsere Planung kommt so langsam in etwas lockere Zonen. Herrliche Ausgangslage.

Wir gehen auf die Spur und was ab Vallanäs folgen wird ist noch einmal eine Steigerung der bisherigen Streckenführung. Da haben wir vor ein paar Wochen mit der Maus am Bildschirm ein äusserst glückliches Händchen gehabt. Ungelogen knapp 60km bis vor die Tore Halmstadt allerbeste Radwege, völlig Auto—frei und gespickt mit glitzernden Seen. Damit das ganze nicht zu kitschig wird, haben mittlerweile allerdings die Wolken die Herrschaft übernommen und die Sonne rutscht nur noch selten durch. Immerhin ist es unverändert trocken. Der Weg ist klasse, wellig, kurvig, wie gehabt skandinavisch rot, weiß, grün, blau, ocker, all das. Ein Abschnitt bei Simlangsdalen hält gar einen frischschwarzen Asphalt Radweg am Bachlauf entlang bereit. Herz, uns geht es wahrhaft gut.

Unser heutiges Ziel war eigentlich Laxvik und dort ein Campingplatz, also folgen wir der Wegweisung entsprechend und passieren einen unscheinbaren Parkplatz für Camper, werden aber von einem Trampelpfad um Aufmerksamkeit gebeten. Ok, absatteln, Lage checken. Der Spot haut uns um. Abgesehen vom “Kemping forbidden“ Schild ist es nahezu perfekt. Strand, Wellen, Bäume, Feuerstelle. Alles da. Sturmreifer Wind allerdings auch. Hm!? Wir beraten und entscheiden uns, hier mal einen Knoten ins Taschentuch zu machen, fahren ca. 800m weiter und müssen schon wieder absatteln. Identische Situation, nur viel besser: Feuerstelle mit Grillrost, kleiner Tisch, Baumstümpfe, windgeschützte Ecken, Bucht, und fussläufig sogar ein WC sowie frisches Wasser aus einem, aus der Erde ragenden Wasserhahn. Wir schauen uns an, da gibts nicht viel zu überlegen. Noch bevor auch nur einer “ja, aber,….“ sagen kann, hat Lothar seinen Platz schon klar gemacht und ich sammele erstes Feuerholz. Abenteuer pur. Geil.

Zur Feier des Tages gibt es, einen 16h Kaffee und etwas Gebäck aus der Vorratstasche. Etwas später dann noch einmal lecker heissen Tee.

Der Rest des Abends ist schnell erzählt. Wir radeln 5km in den nächsten Minishop, kaufen Bier, Chips und Grillwürste und schwelgen für den Rest der Nacht in unserem Glück. Wolkenspiel, Sundowner, Wellenrauschen, Kitesurfer, Möwen und all sowas gibt es gratis dazu. What a day. Volle Punktzahl.

Der Wetterbericht für die Nacht kann damit nicht glänzen, aber das stört uns bis hierher gar nicht.

Tag 43 — Ruhetag — nur noch 6Tage

Die Wetterapp hatte recht. Während wir vor Mitternacht immer wieder mal die Regengardine drüben an der dänischen Küste beobachteten, blieben wir bislang verschont. Nun ist es soweit. Wir liegen in unseren MSR Zelten und der Regen trommelt in der Nacht sein Lied und wird von einem gewaltigen Windorchester, welches an den Zeltwänden rüttelt begleitet. Wir sind save.

Schon am Morgen ist der Spuk vorüber und — ja ich weiss, seltsam — der Himmel ist freundlich milde gestimmt. Frühstück. Und Einberufung einer Konferenz. “Was tun?“

In Anbetracht des Zeitvorsprungs und aufgrund der Tatsache, das dieser Fleck Erde schwer zu toppen ist, machen wir das was längst überfällig ist: wir legen einen Ruhetag ein und tun NIX. Also, einen Tag Urlaub sozusagen.

So sitze ich hier auf dem Felsen in der Sonne, blogge und freu mich über die Gästebuch Einträge, die uns die letzten Tage noch nach Hause tragen. Happy day.

Mann ey, so ein 100% Ruhetag hat seinen Charme. Lothar war knapp 20km radeln, damit die Fassbrause nicht ausgeht. Ich sammle Feuerholz und tanke Wasser (der Wasserhahn ist ja nicht weit weg), sonne, gehe auf und gehe ab und kümmere mich um sonst rein gar nix. Bis Maria auftaucht (wurde ja auch Zeit). Maria aus Schweden ist an diesem Weekend mit dem Bike und Rucksack unterwegs und wir plaudern, während Lothar sich um die Haushaltsdinge kümmert, angeregt über die Schönheiten des Lebens. Obwohl ich Maria zum Kaffee einlade (no thanks I never drink coffee), macht sich Maria nach knapp einer Stunde wieder auf den Weg in ihr Hotel. Lothar ist auch wieder da, also alles unter Kontrolle. Gute Reise Maria und Grüsse an die Enkel.

Lothar hat, zur Feier des Tages, Lachs gekauft. Nachdem ich der Feuermeister bin, geht das auch so in Ordnung. Dieser Ruhetag hat es in sich. Soviel Zeit und Muße zu haben, das Handy tatsächlich auf Flugmodus zu stellen, den lieben Herrgott in der Sonne einen lieben Mann sein zu lassen, all das, so wertvoll, so einzig, so kostbar. Wann hast Du das in dieser Form schon? Holz sammeln, als Therapie “entstress mich“ … das ist der Moment, wo mir das Wort “reloaded“ in den Sinn kommt. Ich telefoniere dann noch mit meiner lieben Frau daheim und der Rest des Abends ist eine unendlich lange Dauerschleife mit Zufriedenheits— und Glücksmomenten. Bis zuletzt, kurz bevor ich mich zwinge, gegen 23h den Zipper zu schliessen, weil ewig ins Lagerfeuer starren auch keine Lösung ist. Gute Nacht.

Den Blick kannst Du nicht buchen!

Tag 44 — 111 (!) km, 650hm, 6h31 Fz

Die Wetterapp sagt bewölkt, also ist es auch bewölkt. Nicht schlimm, wir fahren ja, laut App, in die Sonne (was sich bewahrheiten sollte). Unser Track führt traumhaft auf einem Radweg durch den Wald bis Bastad. Wir entscheiden, abseits vom Plan eine Schleife zu fahren (um Höhenmeter zu sparen) und verfransen uns ordentlich mit dem Ergebnis weitaus mehr Höhenmeter kassiert zu haben. 15km, ca. 300hm Bonus. So what.

Nach kurzer Rast sind wir schliesslich nach 94km gegen 1530h in Helsingborg … ein letztes teures Bier in Schweden darf noch 1x sein. Dann geht es schnell und ohne Umschweife auf die Fähre. 20min später betreten wir dänischen Boden. Land Nummer 7 auf der Liste. Jeah. Was für ein geiles Gefühl.

Die ersten Kilometer sind umwerfend, direkt am Ufer der Ostsee entlang, passieren wir kleine Strassen mit Reetdachhäusern. kleine (und grosse) Villen, architektonisches Kleinod und vieles mehr. Jedes Land hat seinen Charme, jedes Land ist doch so different. Toll. Die 14km bis zum ausgewählten Camp gehen uns locker vom Pedal und sogar den wenigen wilden Plätzen können wir in Anbetracht dessen, dass sowohl Dusche als auch Wäsche waschen überfällig sind, widerstehen. Wir nehmen den schönen Platz in Niva, kaufen uns einen Wein und ein Zeltaufstellbier und sind selig. 111km am Tag 44, da kommt final noch der letzte Schnaps zum Einsatz, den wir am Tag23 in Estland geschenkt bekamen. Mann, bin ich satisfied.

Tag 45 — 79km, 190hm, 4h51 Fz

Startposition Tag45

Guten Abend allerseits. Es neigt sich gewaltig, der 45igste Tag ist im Sonnenuntergangsmodus und das stimmt mich sentimental. Liebe Silvia, alles erdenklich Liebe und Gute zum Geburtstag! Schön, das wir heute eine Familienliveschaltung direkt aus dem Zentrum Kopenhagens hatten. Womit wir beim Thema wären. Neuer Tag neues Glück. Nur noch 3Tage bis die Bikes im Flixbus Unterschlupf finden, weil die Deutsche dove Bahn wirklich gar keine Alternative ist. Ich bin rekordverdächtig vor 7h wach und stehe kurz drauf sogar schon auf zwei Haxen. Seltsam. Übliche Routine, muss nicht mehr erklärt werden.

Unser heutiger Weg erklärt sich schnell. Einmal die traumhafte Strasse Nummer 152 hinein nach Kopenhagen und später die Nr 151 hinaus aus Kopenhagen. Dazwischen liegt ein Architekturstudium im Zeitraffer Modus. Wunderschöne Häuser aller Art. Modern, historisch, skurril, mondän, aus Holz, aus Stein, aus Beton, meist mit ganz viel Glas. Mit Reetdach, mit Ziegel, mit wasweissich noch alles, nicht selten mit Maserati oder Porsche davor, selten ein Skoda. Eigentlich (Mr R) gar kein Skoda. In den Lücken dazwischen immer wieder Plätze der Freiheit, grün, weitläufig, mit Blick aufs weite Meer der Ostsee, die heute extremen Verkehr bereithält. Dampfer, Ruderboote, Kajaks, Segler … alles was schwimmen kann, ist auf dem Wasser. Auch wenn der Himmel heute grösstenteils grau bleibt (richtig sonnig und heiß wird es erst morgen wieder) ist der gesamte Ritt vor und nach der fünften Hauptstadt dieser Reise schön. Ganz Dänemark ist bis zu unserer heutigen Endstation (in Koge) ein einziger Radweg. Cool. Kopenhagen selbst ist super. Ruhig, unaufgeregt, unaufdringlich, toll. Zu kurz unser Stopp, wie so oft auf dieser Reise. Ich komme wieder.

So landen wir nach knapp 80km und kurzem Stopp im nicht minder schönen Koge an unserem Camp und trinken Rotwein, ein Auge beginnt so langsam zu tränen …..


Tag 46 — 87km, 470hm, 4h27 Fz

Ich denke schon geraume Zeit darüber nach, wie ich das mit der Uhr anhalten hinbekomme. Meine Garmin Fenix6 hab ich mit dem Sinowave Lader wenigstens so in die Knie gezwungen, das sie seit ein paar Tagen keinen Mucker mehr macht und auch auf den Softreset nicht reagiert. Dennoch vergeht die Zeit deshalb nicht langsamer, im Gegenteil irgendwie. Nur noch 2 Biketage. Auch das heutige Powerfahren (19,5er Schnitt) führte überhaupt nicht dazu, zusätzliche Reisetage zu generieren. Finde den Fehler. Nur noch 2 Biketage, schwindende Kilometer to go. Und das natürlich bei allerbestem (fast zu warmen) Wetter — maximal 30*C zeigte das Thermometer heute an, die Tage davor waren es auch schon mal nur 16, 17, 18C.

Auch wenn es langsam nur noch wenig glaubhaft klingt, die heutige Tour reiht sich nahtlos in die Kategorie Best of ein (die wir gefühlt seit Stockholm haben). Der Radweg Nr56 führt von Koge verkehrsbefreit über Land durch ein goldenes ockerfarbenes Meer aus Weizenfeldern. Die Musik im Ohr puscht mich. Der Himmel ist milchig blau und der Wind nicht weiter der Rede wert. So geht Radreise. Ich weiss final noch nicht, bei wem ich mich bedanken darf, aber der, der die letzten 46Tage fürs Wetter zuständig war, hat einen Blumenstrauß samt Fresskorb verdient. Maximal Super.

Privat eh klar, gell.

Von Koge geht es Richtung Vordingborg und dort auf die Storströmsbrücke, satte 3199m lang. Ein Symbol der Freiheit. Wahnsinn. Dennoch bremst Lothar am Ende des Tages den Schwung etwas ein und wir nehmen den Zeltplatz in Guldborg, der direkt am Track liegt. Nur noch zwei Biketage ….

Häppie

Die Anekdote des Tages kommt am Schluss, wenngleich sie uns schon um 8h morgens ereilte. Der running Gag seit Tag 1 ist ja, das wir irgendwann im Laufe der Tour Chantal und Jaqueline begegnen, die mit dem Bike genauso wie wir unterwegs sind. Bislang haben wir maximal nur eine Chantal, oder eine Jaqueline gesehen, und die fuhr im Grunde immer exakt in die andere Richtung. An diesem Morgen ist alles anders. In der Nacht haben sich direkt neben unser Zelt zwei Pinion Räder und ein MSR Zelt nieder gelassen. Die draussen hängenden Wäsche nach zu urteilen, zwei Bikerinnen. Es dauert nicht lange, da schälen sich die zwei aus dem Zelt, es dauert kaum zehn Minuten, da kommt eine direkt auf uns zu und frägt formal, aber die Antwort vorwegnehmend, ob wir uns den Tisch (den Lothar und ich gestern über den Platz geschleppt haben) nicht besser teilen sollten. “Ähm, ja,…..“.

Die zwei Damen aus den Niederlanden sind zwar nett und reiseerfahren, erinnern aber eher an Angela Merkel und Claudia Roth, weniger an Chantal und Jaqueline. Wir schauen, das wir auf den Track kommen.

Tag 47 — 84km, 280hm, 4h39 Fz

Unser letzter dänischer Tag definitiv. Deshalb fahren wir einfach nochmal 600m den Track in entgegengesetzter Richtung zurück zum Supermarkt. Die heutige Vereinbarung sieht vor, dass wir gemütlich fahren, also tun wir das auch. Der Rückenwind verhindert jedoch, dass es allzu gemütlich wird und so kommen wir bei strahlender Sonne gut vorwärts. Um 1130h sind wir nach einiger Trödelei trotzdem schon 45km weit gekommen und stehen an der Fähre hinüber nach Puttgarden. Good old Germany. Dänemark, Du warst toll. Wir haben nix erwartet und alles bekommen. Tolle Radwege, gute Camps, schöne Häuser, tolle Atmosphäre, cool, sehr cool. Radreisen in Dänemark kommt auf die Liste.

Fehmarnsundbrücke!

Die Fähre, gefühlt die 15te auf dieser Reise (wir zählen nochmal genau nach) ist rappevoll, nicht günstig (2x 22Eur) aber nur kurz unterwegs (45min). Zack, Peng, …Schland! Wir sind wieder da. Hello again. Puttgarden, Burg i. Fehmarn, und dann kommen küstenseitig einige nette kleine Dörfer, die politisch keine Bedeutung haben, aber schön sind. So landen wir in dem Nest Süssau. Tiefenentspannt hier, aber gut. Ein letztes Bad in unserer Ostsee (das darf man sagen, wenn man rundum gefahren ist) und in der brennenden Abendsonne eine, Achtung, CurryWurst mit Pommes. What else. Wir sind zufrieden. Morgen noch maximal 70km, dann ist das Projekt erfolgreich geschlossen, die Geschichte aber noch nicht zu Ende. Auch der 48igste (von 49) Tag, wird erfasst, die Daten erhoben, ein Fazit geschrieben und später nachdem sich alles wieder einnordet auch noch ein Bilderbuch sowie ein “Länderspezial“ (Polen, Litauen, Lettland, Estland, Finnland, Schweden, Dänemark) mit Zahlen, Daten, Fakten und Infos nachgereicht … aber das hat Zeit bis August.

Tag 48 — 70km, 310hm, 4h08 Fz

Zischhhhhhhh … die Luft entweicht ein vorletztes Mal kontrolliert aus der Matte, während ich noch dösend darauf liege. Das war jetzt 48x so, das wird morgen ein letztes Mal so sein. Der Poseidon Camp Platz in Süssau ist unaufgeregt und liegt genial abseits der Touri—Hotspots dennoch direkt an der Küste. Wir starten — wie so oft — gegen 9Uhr und haben nur 100m schon wieder Küstenfeeling. Geniale Planung zum Ausklang. Bis Grömitz zeigt sich die Küste einsam und wild, dann aber schlägt der Kommerz voll durch. Ferienappartements und jede Menge Beherbergungsstätten schlucken die etwas bierbäuchigen Erholungssuchenden, die ihr Handtuch schon, zwecks Reservierung, auf einen der unzähligen Strandkörbe gelegt haben. In Grömitz dann schlägt erstmals der gute deutsche Zeigefinger durch. Ein Doppeldickbauch mit neuem Käfer Cabrio samt seiner Dickbauchfrau meint mich in 30er Zone zur Ordnung rufen zu müssen. Es wird mahnend gehupt. Mehrfach. Ich lasse ihn passieren und 3min später an der Ampel bin ich wieder gleichauf. “Haha“ sag ich, da wird er zornesrot und will zu fluchen beginnen. Dem Fluch kommt jedoch mein “jetzt bin ich 7Wochen mit dem Fahrrad unterwegs und der erste der hupt bist Du“ zuvor … seine Frau wittert Ungemach und ruft den Gatten zur Ordnung. “Karl—Otto, es ist grün“. Ich winke zum Abschied lächelnd. Willkommen in ….schland.

Weiter geht die Route bis Neustadt, wir streifen knapp den Timmendorfer Strand und die Lübecker Bucht präsentiert sich noch einmal im Sonnenlicht. 10km vor dem Ziel kommt der Helm traditionell ab und das Stirnband auf. Jeder Kilometer wird im Countdown laut ausgerufen. Die Trackführung will es zufälligerweise so, dass wir beim Start zum den Bahnhof vorne rechts verließen und jetzt durch die “Hintertüre“ hinten links wieder reinkommen. Track Ende. Der Kreis ist jetzt tatsächlich geschlossen. Lothar gimme five.

Der Kreis ist geschlossen. Jeah!

Natürlich statten wir der jungen Dame am Ufer der Trave wieder einen Besuch ab, nur diesmal gibt es Flens und keinen Start Cappucino. Wir schwelgen in Erinnerungen. Schön.

Deutschland

Der Ausklang des Abends ist längst nicht so berauschend wie so manche AlpX Abende in Riva. Der Schönbecker CampPlatz liegt strategisch nah am Zentrum, geführt wird er ordentlich deutsch. “Sie haben nicht reserviert? Das ist schlecht. Bitte beachten Sie im hinteren Teil der Zeltwiese (!) die Fluchtwege (!), wir sind fast ausgebucht, bitte duschen Sie antizyklisch (!), Ihren Ausweis bitte,…..“ als Lothar den Raum betreten will, weil seine Seismographen meine Vibrationen spüren, sagt die maskierte Dame am Counter druckvoll „bitte NUR EINE Person“ … willkommen in …schland!

Die Zelte stehen, die dunklen Wolken verkünden die Richtigkeit der Wetterapp. Was folgt ist ein Regenguss vor dem Herrn, wir flüchten, frisch geduscht in unsere Zelte, um kurz vor dem Abendmahl (eine letzte Tüte mit dem Gaskocher) noch einmal ordentlich dem Gewitter den Vortritt zu lassen. Auch in der Nacht lasst Petrus keine Zweifel an seiner Übermacht. Willkommen in …schland.

Die Fakten

Kilometer gesamt bis Lübeck 3.988 d.h knapp 85km/Tag bei 47 Radtagen (plus 10km Anreise und ca 15km Rückreise)

Höhenmeter gesamt 17.960

Fahrzeit netto gesamt 216h35min d.h. knapp 5h täglich im Sattel

Schweiß viel, Endorphine noch viel mehr.

Tag 49 — hoamzua — ein paar Kilometer und weitere Kapriolen

Alles nass. Das hatten wir 48 Tage lang nicht. Dem Herr sei Dank. Zischhhhhh. Nächster Halt Lübeck Hbf, dann mit dem 9Euro Ticket nach Hamburg, dann rüber zum Flixbus. Der kommt pünktlich, ABER …… man glaubt es kaum ….

Nimmt er uns mit ? sicher is dat nich …

Der türkische Buspilot schüttelt den Kopf, der türkische Co—Pilot schüttelt den Kopf ebenso und dreht sich schon weg. Ich sag “Moment, wo ist das Problem?“ sagt einer der beiden knapp “Tasche nix“ und schüttelt den Kopf. Langsam meine türkischen Freunde mit deutschem Gehalt, die Packtaschen sind mit einem Handgriff weg und die anderen tun nix. Die zwei schütteln immer noch ungläubig. Auf einmal sagt einer “nix eBike“ … ach so, nein, nein, das sind keine eBikes. Die Jungs schütteln ihr Haupt „nix E“. Ey, Arkadasch, das sind geile Pinion Gearboxen, keine Motoren, Akkus schon gar nicht. Der Chef ruft die Zentrale an ….. Ey, isch krisch Piggel … Dann zeigt mir der zahnlosere der beiden noch seinen Google Translater, der mir kurz und bündig “ich weiss nicht ob sie mitnehmen darf“ offenbart (wozu auch Deutsch lernen??). Hast Du noch Worte?

Ich stürme ins Berliner ZOB Flixbus Büro und hole die Dame vom Kundendesk herbei, erläutere den Sachverhalt, verweise auf mein blitzblankes eTicket und kläre Sie über deutsche Ingenieurskunst auf und bitte darum, das sie den beiden Kraftfahrern doch bitteschön mal gehörig erläutert, wer jetzt mitfährt und wer da eigentlich am Radlständer aufgehängt gehört.

Auch wenn der Fahrer mittels Videobeweis noch versucht die Zentrale davon zu überzeugen, das unsere “eBikes“ besser in Hamburg stehen bleiben sollten, er hat keinen Erfolg, sieht sich in der Folge aber auch nicht veranlasst selbige auf SEINEM Radständer zu montieren. Das übernehmen wir klaglos und sitzen nun seit heute 11h15 auf dem endlos anmutenden Ritt by Bus über Berlin und Bayreuth bis Muc. Einen Stau haben wir schon überlebt, es ist 19h, vorauss. Ankunft Muc –> 23h, mal sehen, was die deutsche Bahn auf den letzten 100km noch für uns bereit hält…

und sie hält freilich was bereit … die Deutsche Bahn für mich. Ich habe quasi an Abo an Missmanagement bei der DB. Nun war es so, dass wir den Flixbus wohlweislich gewählt haben, um dem Chaos der Bahn zu entgehen. Der Bus verpasst trotzdem einer äußerst zügigen Fahrt den Anschlusszug um runde 10min, dafür kann aber weder der Bus was noch die Bahn. Das lag einfach zu knapp nebeneinander. Also ok, denken wir und richten uns gedanklich auf den Regionalexpress um 23.50h ein. Denkste. Die App meldet für 0.36h ab RO einen SEV. Einen was? Einen Schienen-Ersatzverkehr. Und da sitzen wir gegen Mitternacht nun im rappevollen Zugabteil der DB und erfahren ca. 20min vor Ankunft, dass die App Recht hat. „Es geht ein Schienen-Ersatzverkehr, die freundliche Zugbegleiterin wird in Kürze Ihr Reiseziel abfragen, damit wir entsprechend die Busse disponieren können“ verraten uns die knarzenden Lautsprecher der Durchsage. Auf meine Frage an die Dame, wie sie das mit den zwei vollgepackten Bikes gedenken zu organisieren, bekomme ich ein ratloses Gesicht und die vielsagenden, aber kurze Antwort „keine Ahnung“. So geht Orga.

Tja, und so kam es dann, dass wir besser mit dem Schwiegersohn von RO nach Siegsdorf reiten, als uns weiteren Risiken und nächtlichen Erlebnissen hinzugeben. Um 2.30h baue ich ein letztes Mal mein Zelt im Garten auf und schlafe selig. Was für eine geile Tour.

Das war die OstseeTour 2022 ! Project Baltic Sea closed. Fazit, ZDF, Bilderbuch und mehr in Kürze.

VIELEN DANK an all die Leser, Unterstützer, Zurufer & Gästebuchschreiber !!! Ein jeder darf sich gerne bei mir sein persönliches AlpX Buch abholen !

*** FIN ***

deshalb macht man das !

Auf einen Blick

die Vorbereitung

der Countdown

Deutschland, Polen

Baltikum

Skandinavien

Fazit, Bilderbuch – folgt

Länderspecial -> Polen, Litauen, Lettland, Estlandist schon online !!

Länderspecial -> Finnland, Schweden, Dänemark – folgt