Tag1 – NoRisk NoFun Tag
Siegsdorf – 3Seen – Reit im Winkl – Walchsee – Ebbs – Kufstein
66km, 553HM, 3:30h
Es regnet, es regnet nicht. Es regnet, es regnet nicht. Mann, soviel Blätter kann das Gänseblümchen gar nicht haben. Der Wetter Forecast ist durchwachsen. Es regnet, es regnet nicht, oder vielleicht doch. Mein Plan, wieder einmal ungeplant loszufahren, wird etwas durcheinander gewirbelt, als am Sonntag das Telefon klingelt und Christian fragt „Udo, kann ich mitfahren?“. „Klar“. Also wird aus einem lockerem „schau mer mal“ ein „ok, wir fahren“. Es regnet, es regnet nicht!?
No Risk no fun. Donnerstag, 8h: der Himmel ist blau. Es regnet nicht. Wir fahren. 13h ist Treffpunkt.
13h, der Himmel ist grau. Wir fahren. Unabhängig davon, dass mein Tretlager nach exakt 1km übelste Knackgeräusche meldet und mich zur Umkehr (und Pedalwechsel) zwingt (die Geräusche kamen nach 3Tagen wieder) machen wir uns auf den Weg. Beste Laune. Vorbei an Ruhpolding über den beschaulichen Weg Richtung 3Seen. Es tröpfelt, aber irgendwie tauchen wir unter den grauen Wolken immer gerade so durch, passieren Reit im Winkl und lassen es abwärts Richtung Walchsee rollen. An einem Abzweig treffen wir ein verliebtes Pärchen und erkundigen uns nach der besten Wegvariante. Hauptstraße oder über die Bauernhofwege? „Bauernhof, ihr schafft das“ frohlockt Martin mit glänzenden Augen, während Michael zustimmend und ebenso glänzend nickt. Es kommen zwei, drei Stiche, aber – in der Tat – wir schaffen das. Am Ortseingang von Walchsee dann das unvermeidliche: es regnet, nicht zu knapp. Wir stellen uns unter. Mann ey. Pißwetter, dunkelgrau. So war das nicht bestellt. Doch einfach so rumstehen ist auch sinnfrei, also treffen wir die Entscheidung ins nächste Café zu sprinten und dort auszutrocknen. Gesagt, getan. Cappuccino, Radler, Kuchen. Dunkelgrau draußen.
Nach einer Stunde ist der Spuk vorbei, die Straßen dampfen, wir ziehen weiter Richtung Ebbs mit Ziel Kufstein. Spätestens auf dem Innradweg kommt nun Urlaubsfeeling auf, die Wolkendecke ist zwar immer noch markant, aber die Stimmung toll. Kufstein, Blick auf die Burg, tolle Fotocollagen vis a vis vom alten Stadttor an der Marktgasse.
Wir schießen ein paar Fotos und wie auf Kommando öffnet Petrus einmal mehr und sehr nachhaltig die Schleusen. Wir tun das, was wir heute schon geübt haben: wir stellen uns. Unter.
Alte Bauernregel: der Regen hört irgendwann auch mal wieder auf. So auch hier. Wir haben die Wartezeit genutzt und uns – Onkel Google macht´s möglich – mal via Satellit nach möglichen Übernachtungsplätzen umgesehen. Dort hinten am Waldesrand scheint es gar nicht so unklug zu sein.
Wir folgen der Wegweisung und siehe da: ein perfekter Platz. Die Helsport Zelte sind schnell aufgebaut, die Therm-A-Rest Matten aufgeblasen, der Soto Kocher angeworfen. Jetzt gehen wir zum gemütlichen Teil über: Trek´n Eat in der DeLuxe Variante. Was hätten Sie denn gern: HuhnCurry oder Nudeln auf Sahnesoße? Beides wäre gerade im Angebot. Wir nehmen beides und werden satt. Noch schnell ein Bier an der Tanke holen und der Abend klingt aus, wie der Tag begonnen hat. Wunderbar, aber ungewiss. Es regnet, es regnet nicht?
Adresse des Tages: Kufstein, An der Wiese 1, mit Burgblick
Tag2 – Steile Rampe Traumplatz Tag
Kufstein – Angath – Rattenberg – Wiesing – Maurach – Achensee – Achenkirch – Sylvenstein Stausee
84km, 802HM, 5:05h
Es regnete ! Aber wie. Trommelfeuer all night long auf unseren Zeltdächern. Einschlafmusik vom feinsten. Nachhaltige. Wen stört´s? Wir liegen trocken, nix kann uns erschüttern. Der Tag soll erstmal kommen. Mit der Helligkeit schwindet auch die Trommelmeldodie, wenngleich die Wiese gut feucht ist, malt der Himmel optimistische Farben an die Decke. Nebelschwaden und zaghaftes, schüchternes blau.
Zeit für einen frischen Espresso. Benzinkocher an. Jeah.
Aufsatteln, langsam wieder alles zusammenräumen, klar Schiff machen, Abfahrt. Der Platz – alter Overnighter Regel – wird sauberer verlassen, als wir ihn vorgefunden haben. Der Innradweg ist schnell wieder gefunden und so rollen wir beschaulich dahin, während die Wolkendecke über uns zunehmend freundlicher wird. Bis Rattenberg ist es ein gutes Stück, und die steten Abzweige sind manchmal etwas nervig, aber dafür verkehrsarm. Rattenberg, kurzer Break nun noch „schnell“ rüber nach Wiesing (auch noch ein kleines Stück), im sympathischen Dorfladen ordentlich einkehren (das Frühstück bestand nur aus je einem halben Stück Zwetschgendatschi) und dann geht’s zur Abwechslung mal ordentlich und satt hoch. Der Rennradler des Weges rät uns zur Achensee- Passstraße, die sei frequentiert, aber nicht so steil. Wir entscheiden uns dementsprechend für die Wanderwegvariante. Scheiße, ist die steil. Ich bemühe den ersten Gang meines Pinion Getriebe und falle nicht vom Rad, wenngleich mich davon nur wenige Kurbelumdrehungen trennen. Oben angekommen wird das Grinsen entsprechend breit. Schwitznass (kein Regen) und happy. Herrlich, so geht Gipfelsturm (auch ohne Gipfelkreuz).
Nun geht es beschaulich, ganz leicht kupiert, dahin bis wir am Ufer des mondänen Achensees anschlagen. Die Dampflok empfängt uns mit lauter Hupe, die Kiter streiten mit dem Wind, die Segelschiffe am Horizont stehen an einem imaginären Startband bereit für die Regatta. Der Tourismus ist angekommen am Achensee. Alles sehr üppig und bestens durchgestylt, aber schön, die Bergkulisse ist gratis. Vorbei am rechten Seeufer radeln wir bis zum See Ende, nicht ohne ständig stehen zu bleiben und die tollen Blicke zu inhalieren. Was für eine prächtige Kulisse.
Wir kurbeln weiter, fassen noch etwas Proviant in einem Spar-Markt, als auf einmal mächtigstes Wummerm zu hören ist. Die Infanterie? Donnergrollen? Bei dem Blau unmöglich. Das Rätsel löst sich, als der funkelnd schwarze AMG G Mercedes um die Ecke röhrt. 585 (!5!8!5!) Perde ziehen den schmalen schwarzen Schweizer Reiter (der fett grinst). Das wäre für 3 PKWs noch zu viel (mal abgesehen davon, dass die Alufelgen wohl niemals schlammigen Schotterkies berühren werden) … soviel zur aktuellen Klimadebatte. Kopfschüttelnd ziehen wir weiter. Das Tagesfinale ist schnell erklärt. Ziel ist der Sylvenstein Stausee und dort irgendwo der Ort Fall. Die drei Arme des Sees liegen eingebettet in einer filmreifen Landschaft. Das Wetter ist prima, Herz was willst Du mehr? Nix, jetzt noch einen guten Platz und fertig. Wir finden eine Wiese, die – nach Rücksprache mit einigen „Locals“ zumindest als „wenn ihr kein Feuer macht und schnell wieder abbaut“ eingestuft wird.
No Risk no fun. Wir schlagen uns Zelt auf. The Same procedere als last night. Zelt, Matte, Kocher. Heute gibt es Spaghetti mit Bolognese in der „analogen“ Version, also nicht als Tütennahrung sondern noch „mit Hand gekocht“. Der Nachbar spendiert uns zwei Bier (an dieser Stelle ein herzliches „Vergelts Gott“) und wir grinsen breit, bevor wir in die Federn springen.
Adresse des Tages: Sylvenstein Stausee, Am Wird Nicht Verraten Platz1, mit Seeblick
Tag3 – Traumblick Tag
Sylvenstein Stausee – Vorderriss – Wallgau – Walchensee – Kochelsee – Benediktbeuern – Bad Heilbrunn – Bad Tölz – Waakirchen – Gmund – Rottach Egern
96km, 922HM, 5:23h
Wer am Abend vor dem Schlafengehen ein Bier trinkt muss ggf. morgens etwas früher raus. So auch ich. 640h – der Harndrang meldet sich, also lieber gleich als später. Ich krabbele aus dem Zelt und sehe, dass ich nix sehe. Suppe vom feinsten. Der See ist verhüllt, die Bäume um uns herum ebenso. Schnell zurück in den Kuschelsack – übers Wetter kann man sich später auch noch Gedanken machen.
8.20h – es wird heller im Zelt, der Verkehr der nahe gelegenen Straße tut sein übriges. Ein guter Zeitpunkt aufzustehen. Der Nebel hat sich verzupft, die Sonne gewinnt langsam Oberhand. Na also, geht doch. Espresso Time. Wunderbar. Dann die übliche Routine, ein letzter Blick zurück, ein wenig Unrat aufsammeln, der hier nicht hergehört und weiter des Weges. Das Isartal und das dahinterliegende Karwendel Gebirge hab ich im internen Kopfkino noch in bester Erinnerung, da muss man drüber radeln.
Die Mautschranke ist schnell passiert und wir sind bei bestem Wetter und in bester Stimmung in der Einsamkeit (wenn der eine oder andere Auto/Motorradfahrer nicht wäre). Nach gut 10 Kilometer ist der Traum aber leider wieder vorbei und wir zweigen in Wallgau rechts ab um einen ordentlichen Frühstücks Stopp am Walchensee einzulegen. Auch hier: traumhaft Perspektiven, Idyll pur. Nun nur noch einen satten Anstieg auf Passhöhe (859m) und dann den Sinkflug Richtung Kochelsee einläuten. Radlers Glück.
Ein weiterer See um Fuße des Blombergs wird passiert, dann schwenken wir nach Bad Tölz in die Fußgänger Zone ein und trinken selbst gebrautes Binder Bier (lecker). Es geht uns gut. An diesem Wochenende ist Harley Treffen in Tölz. Die Stadt ist ein einziger Donnerknall und wer auf den Hauptstraßen des Ortes unterwegs ist, wird von den coolen Harley Ridern unweigerlich in Bann gezogen. Tucker Tucker Tucker. Wir suchen uns unseren Weg auf einer abseitigen und weniger Dezibel-geprägten Route durchs Gemüse. Die Wegweisung ist etwas spärlich, aber mit etwas Orientierungssinn kommt man gut vorwärts. Waakirchen, noch ein krasser Anstieg hinauf zum Lanserhof, einer dekadenten Golf Ressort Anlage, und dann hinunter nach Gmund, wo wir uns kurzerhand heute rechts rum nach Rottach Egern entscheiden, weil einmal darf man auch Campingplatz Infrastruktur in Anspruch nehmen. Eine heiße Dusche am Tag3 ist sicherlich allein aus olfaktorischen Gründen gewinnbringend.
Der Platz ist rappevoll, also fernab der Idylle, die wir die letzten zwei Nächte genießen durften. Sei´s drum – wir schlagen inmitten der Community unsere Zelte auf und gehen am Abend standesgemäß dinieren. Zurück am Platz übermannt uns die Müdigkeit und 23h ist ja auch eine gute Schlafenszeit. Doch das sieht nicht jeder auf dem gedrängten Gelände so. Ich krieg Pickel und putze die schnatternde Nachbarin im Quecha Zelt neben mir um 23.45h mal ordentlich zusammen. Und schon ist Ruh.
Adresse des Tages: Campingplatz Wallberg, Lärmplatz 7
Tag4 – Abarbeiten-Tag
Rottach Egern – Gmund – Hausham – Wörnsmühl – Gottschalling – Kleinholzhausen – Kirchdorf – Neubeuern – Achenmühle – Frasdorf – Aschau – Bernau – Siegsdorf
105km, 963HM, 5:49h
Die Ruhe währte nicht lange, der Kegelclub oder Männergesangsverein von nebenan, hat um 6.50h (!) nix besseres zu tun, als über alle möglichen Themen des Lebens zu debattieren und nebenbei schon mal die gesamt Grill und Outdoorausrüstung zusammen zu klappern. Ey – kriegst du Hals.
Nun denn, raus aus der Kiste. Der Umstand dieser Zwangsweckung hat zumindest den Vorteil, dass wir heute am Final-Day etwas früher aus den Federn kommen und somit unser langes Tagwerk vor Einbruch der Dunkelheit beenden können. Es liegt nämlich noch eine ordentliche Strecke in die heimatlichen Gefilden vor uns, die leider aber keine allzu großen spektakulären Highlights mehr bieten, sondern nur mehr abgearbeitet werden wollen.
Doch mitnichten. Mein Rennstahl zieht einmal mehr begehrliche Blicke auf sich und so sind wir mittendrin im Fachgespräch unter Radreisenden. Der erhoffte Vorsprung schmilzt ob der netten Gesellschaft etwas zusammen. Aber so viel Zeit muss sein. Gute Reise dem Surly, dem Salsa und dem Scott nach München.
Ridin´zwecks riding. Auch schön. Wobei – das war jetzt untertrieben. Allein von Hausham hinüber nach Wörnsmühl und weiter bis hinter die Hügel von Bad Feilnbach frohlocken nicht nur satte Anstieg, sondern kredenzt sich auch ein kleines Rennrad Eldorado. Abseitige asphaltierte Wege vom Feinsten. Die Landschaft oberbayrisch kitschig at its best. Herr, danke.
Rollin´. Es geht dahin und erneut am Inn angekommen trennen sich hier unsere Wege, da Christian noch bis Altenmarkt auf einer navigatorisch kürzeren Route fährt. Ein letztes gemeinsames Bier in Neubeuern am Markt vor historischer Kulisse, Schulterklopfen, Männergrinsen und dann kommt was kommen muss: Meter für Meter … jetzt gehörst Du mir. Wenngleich, das bekommt mann nicht geschenkt. In Frasdorf muss mich Oskar vor dem Hungerast retten. Das gelingt ihm bestens (Tipp – saugut).
Auch der letzte Buckel kurz vor Siegsdorf zwingt mich nicht in die Knie und als ich um 1730h im heimischen Garten das Zelt ein letztes Mal zur Trocknung aufstelle, bleibt mir nur noch festzustellen: je schlechter die Prognose, desto besser kann es nur noch werden. Der heutige Sonntag war ein wolkenfreier Glücksonnentag für die Bilderbücher. Strahlend, heiß, trocken. Von wegen „Es regnet, es regnet nicht“. Happy Days. Zur Nachahmung freigegeben.
Ein Wort noch zur Ausrüstung, neben Zelt, Matte & Kocher hat sich mein neues VauDe Equipment bestens bewährt. Es macht, was Kleidung machen soll: funktionieren. Entweder so unaufdringlich, dass man den ganzen lieben langen Tag einfach nichts davon spürt (kein Wind, kein schwitznass etc.) oder einfach nur effizient & wärmend, mollig am Abend. VauDe mach Dich bereit für die Mongolei.
Adresse des Tages: home sweet home.
Fazit:
XXXL Seerunde, Taubensee, Löden-, Mitter-, Weitsee, Walchsee, Achensee, SylvensteinStausee, Walchensee, Kochelsee, Brombergsee, Tegernsee, Schliersee, Chiemsee. Fertig. Herrlich. Eine tolle Genussrunde, in 3,5 Tagen sportlich straff, in 4-5 Tagen locker – auch mit Badestopp – machbar und landschaftlich einfach nur wunderbar kitschig. Wie aus dem Prospekt. Nachfahren ausdrücklich empfohlen.
Merci Dir Udo 😉 eine echt klasse einmalige Tour und dankbar dabei gewesen zu sein.
Christian, you´re welcome 🙂 ….