Wie so oft. manchmal kribbelt es einfach in der Wade, dann muss man auch mal wieder raus. Und manchmal beschert einem eines der schöneren Bundesländer in diesem Land auch noch einen extra Feiertag und schon ist das lange Weekend sozusagen ein Geschenk Gottes.

Was macht Mann, wenn die Wade kribbelt. Mann geht raus, steigt aufs Rad und fährt halt einfach mal los. Unterwegs wimmelt es von Begegnungen und wenn es nicht wimmelt hat man abends im Zelt eine himmliche Ruhe und freut sich des Lebens. Frühmorgens dann wird der Gaskocher angeworfen, ein schwarzes Gebräu aufgebrüht und der Tag kann kommen. Was will man(n) mehr ?

Tag1 – long distance day (111km, 580hm)

Wenn das Wetter einem einen Strich durch die Rechnung macht, bleibt man halt die Nacht im Wohnmobil liegen und startet erst am anderen Morgen. Der Effekt ist halt nur, dass man dann keine 1 1/2 Tage radeln kann, sondern die Etappe in einem Tag wuppen muss. Ab Holzkirchen geht es am unteren Speckgürtel von München vorbei an den zum Teil dekadenten Villen Grünwalds hinüber Richtung Gauting. Die Radwege sind gut beschildert und vor allem eines: vorhanden. Kaum Straßenberührung dementsprechend entspanntes keep on rollin. Weiter gehts Richtung Ammersee … Natur pur … die Sonne grinst breit bereit und glüht ordentlich von oben. Der ein oder andere Ort verlockt mit einem herrlichen Gastgarten, ein Radler geht immer.

Wieder on Track. Das Gefühl ist einfach gut. Mein BBB schnurrt, die Pneus summen einen Sommersong und der Pilot muss eigentlich nur grinsen und kurbeln. Läuft.  Der zweite Stop nach über 80km kann daher ruhigen Gewissens in Landsberg am Lech eingeplant werden. Coole Kulisse, prächtige Altstadt, es wuselt ein wenig, aber das is egal. Ich bin freilich an diesem langen Weekende nicht der einzige Touri.

Unterwegs, und das ist das schöne, trifft man Menschen unterschiedlicher Coleur. Da ist die wandernde Dame aus Muc, die durch den Wald schlendert und eine Wohnung sucht (kein Witz), da ist das Pärchen im ultracoolen Offroad WoMo, die seit Dezember unterwegs waren (Albanien und more) und nun vor der Frage stehen: wie gehts weiter: Abenteuer oder Job? Ich hab ihnen zu Abenteuer geraten.

Und schließlich am Campingplatz in Wörrishofen die berühmente Dach-Ach Geschichten, die das Leben schreibt. Sowas kriegst Du nur mit, wenn du selber raus gehst. I love it.

Das Essen beim Inder, direkt neben dem CampGround war wunderherrlich – der Abend auch.

Tag2 – Up & down – Höhenmeter sammeln (87km, 980hm)

Auch hier wieder Geschichten & Begegnungen, der Airstream Besitzer blieb mir verborgen, dafür war das Pärchen im Bulli sehr gesprächig und so gab es auch eine kleine Milchspende für meinen tiefschwarzen Kaffee. Der Tag kann kommen. Überland geht es auf und ab, durch Wälder, Alleen, durch S-schlängelnde Kurven und über einsame, liebliche Landschaften. Man kann es schlecht beschreiben. Der Tag fließt dahin, er ist unaufdringlich, unaufgeregt, aber inhalts- und abwechlsungsreich. Man schaut, man pedaliert, man bleibt stehen, man rastet, man rollt, man freut sich .. alles wird ein insich stimmiger Prozess und es gibt keinen Mangel an nix, nur den Genussmodus und gelegentlich eine Wasserpause, die auch gern mal eine Radlerpause sein darf. 

Es gibt keine spektakulären Highlights, das braucht es aber auch nicht. Weder der Eifelturm noch die Pyramiden von sonstwo würden meinen Flow jetzt steigern. Es kehrt so etwas wie eine meditative Ruhe bzw. Energie ein und man bewegt sich sprichwörtlich im Hier und Jetzt. Nicht mehr, aber eben auch nich weniger. 

 Nachdem der gestrige Tag etwas überdurchschnittlich, in Bezug auf die KM Leistung, war, ist der heutige quasi ein ganz normaler. Ich erreiche am frühen Abend Röhrmoos und den dortigen Campingplatz. Die Routine setzt ein. Platzwahl, Zeltaufbau, Matte aufblasen, Schlafsack ausbreiten … Lage checken. Ein Belohnungsbier auf der Terrase, People Watching. Ich helfe dem armen Pärchen aus Paris bei der Übersetzung für Curry Wurst & Co. bzw. bei der korrekten Empfangnahme der Essensausgabe, die lautstark mit Nummern (Nummer neunundzwanzisch) über den Platz gedonnert wird. Paris, so sagen sie mir, war sagenhaft toll während der Spiele, sie hoffen, dass der Spirit eine Weile erhalten bleibt.

 Am Abend brauen sich die Wolken und ein heftiges Rot zusammen, die Nacht sollte halten, aber Punkt 8h am Morgen war dann Schicht im Schacht. Es kachelt.

Tag3 – schnell zum Lago di Boden (40km, 250hm)

Nachdem eingangs von Quickie die Rede war, lässt sich nun auch nachvollziehen, dass der heutige Tag ein etwas kürzerer, wesentlich entspannterer ist. Keine 50 Kilometer stehen heute auf dem Programm, also quasi auf einer Backe. Auch hier wieder entspannt über Land und abseits der Routen, der Regen versucht mich vor Wangen etwas zu bremsen, was ihm aber nicht recht gelingen mag, auch die Bundesgartenschau versperrt unplanmäßig ein wenig meine Streckenführung, aber das hält mich nicht auf. So ist schließlich am frühen Nachmittag Lindau schnell erreicht und ein gemütliches Plätzchen schnell gefunden. Ein Bierchen und genussvolles Leute-guggen. Der Ort, bzw. die Promenade läuft über, jede Menge Touris … also no place to be … ich habe mein Hotel (jaja, diesmal kein Zelt) im Hinterland gebucht und kann die Martinsmühle sehr empfehlen. Schöner, völlig unaufgeregter Ort, zwar fehlt eine Sauna, aber sonst ist alles fein und sehr stylisch.

Der Abend klingt herrlich aus. Danke dafür !! Das Zug Ticket für morgen ist bereits gekauft und war vergleichsweise günstig (keine 4zig Euro inkl. Bike bis Holzkirchen) und die paar Kilometer sind nicht der Rede wert. Wohl eher dann die Wettervorhersage, aber dafür bin ich ja bis hierher ja wunderbar trocken geblieben.

Noch ein Wort zu den Fragen, die mir häufig auf den Campingplätzen aber auch unterwegs gestellt werden.

* Ist das Bike mit den Fronttaschen noch handlich?

A: ja, sehr sogar, durch die Lastverteilung vorn/hinten hab auf die Lauflänge auch eine gute Laufruhe und durch leichte „Ware“ ist die Front zu keinem Zeitpunkt schwerfällig. Vorne sind maximal 2x 2kg verpackt, aber alles drin vom Schlafzimmer bis zum Zelt. Sogar ein kleiner Hocker.

* wieviel Kilogramm hast Du dabei

A: ich hab es nicht gewogen, aber wie gesagt: vorne ca. 2x 2kg plus die Lenkertasche mit Fotoapparat, Forumslader, Stativ, Kabel, Riegel, … hinten links die warmen bzw. Regensachen, rechts Wechselwäsche und eine zweite Bike Garnitur, im Rahmen die Küche. das wars schon  … alles in allem geschätzt 10kg, maximal 12kg in Summe auf das Bikegewicht (ca 16kg?) on top. Also ganz grob bewege ich höchstenes 25kg (+/-) … und es ist keineswegs mühsam. Meine 18 Pinion Gänge tragen mich locker bergauf und geschwind bergab. Das passt wunderbar.

 * Tut einem der Hintern da nicht weh?

A: NEIN, null komma null. Das mag an meinem Hintern liegen und auch der Tatsache geschuldet sein, dass ich vergleichsweise regelmäßig unterwegs bin. Aber auch dem Sattel (meine zwei Favoriten sind Brooks und der SMP), bei langen Touren (>1-2Wo, täglich auf dem Sattel) empfehle ich Melkfett oder ähnliches, das ich täglich VOR der Tour auftrage und selbst nach 49 Radtagen um die Ostsee rum, keinerlei Probleme dabei hatte.

 * Was hast Du alles dabei?

A: alles was ich brauche. Und das meiste brauchst Du immer, egal ob du einen, zehn oder 100 Tage unterwegs bist. Also Zelt, Matte, Schlafsack, Waschbeutel, Klamotten, Kocher, Proviant, Topf, Pfanne, Becher, Flasche, Besteck, Powerbank, Regensachen, Werkzeug … Details variieren ggf. von Tour zu Tour oder Anspruch zu Anspruch … es spielt sich im Laufe der Zeit ein, ob ein kurzer Overnighter (zB ohne Powerbank) oder ein Langtourer auf dem Programm stehen, oder ob es zwischen Mai und Sept (leichter Daunen Quillt) oder Okt. bis April (Daunen Schafsack mit mehr Komfort) auf die Strecke geht.

* wo schläfst Du

A: mal hier mal da. Mal am Campingplatz (warmes Wasser, Dusche, Unterstand Möglichkeiten), mal in der Wildnis (Abenteuer) mal auf einem Grundstück dessen Besitzer ich gefragt habe … oder ich suche über 1NiteTent einen guten Platz. Alle Varianten haben ihren Charme und ihre gute Berechtigung.

* Wie planst Du Deine Touren

A: meist auf Komoot. Das hat sich für mich als sehr zuverlässiges Tool herausgestellt. Der Übertrag auf meinen Garmin klappt problemlos mit ein paar Klicks und die Navigation über den Tag hinweg läuft wie am Schnürchen. Ich meide die Hauptadern und greife natürlich auch manuell in die Komoot Vorschläge ein.

* Was sind Deine Top3 Teile

A: boh, schwer zu sagen, aber wenn ich mich entscheiden muss, würde ich sagen: neben meinem Bike natürlich … 1) im Sommer mein ThermA-Rest Vesper Quillt, 2) mein Soto Stormbreaker Kocher (kann Gas und Benzin), 3) mein Titan Löffel und mein Forumslader und mein Soto Titan Becher und mein Titan Teller und …….. oh .. das waren schon drei, oder?

* Macht Dir das wirklich Spaß 🙂 ?

A: und wie !! Love the ride, wir lesen uns …

*** (c) Udokah, Aug24 ***