Portrait CHIBA GLOVES

Alles im Griff

Tradition trifft Innovation

Portrait des Handschuh Fabrikanten Chiba

Tradition und Innovation. Zwei Worte, die sich zu widersprechen scheinen. Mitnichten. Zwei Worte, die fest in der DNA der oberbayrischen Handschuh-Manufaktur verankert sind. Wir haben einen Blick hinter die Kulissen geworfen und auf die Organisation von Chiba. Herausgekommen ist ein umfassender Einblick in die Welt der Handschuhe.

Beginnen wir mit der Tradition. Wir schreiben das Jahr 1853. Zu diesem Zeitpunkt hat Alois Chiba im böhmischen Karlsbad bereits 180 Handschuhmacher angelernt. Feine Glacier Handschuhe und eine elitäre Kundschaft sorgen für den geschäftlichen Erfolg. Um 1900 rum leben bereits 11.000 Menschen von der damaligen Handschuh“Industrie“. 1920 ist die Firma Chiba mit 2000 Mitarbeitern eine der erfolgreichsten Handschuhhersteller in Europa. Doch über Nacht bricht alles zusammen. Die Besetzung Böhmens und die drohende Gefahr veranlassen den Nachfolger von Alois Chiba, Hans Chiba zur überstürzten Flucht mit dem Fahrrad hinüber nach Bayern. Kurz darauf wandert Hans Chiba mit seiner Familie nach Kanada aus, weil er eine Einladung eines seiner Handschuhmacher folgt. In dessen Diensten arbeiten die Chibas bis 1964 und kehren schließlich wieder nach Deutschland zurück. Großvater und Vater des heutigen Chiba Inhabers Markus Chiba wagen getrennt voneinander in einer Garage den Neustart. Der Großvater setzt auf die eleganten Glacier Handschuhe, John Chiba produziert Arbeitshandschuhe. Doch Arbeitsschutz hat zu dieser Zeit in Deutschland noch keinen Stellenwert, so dass sich John Chiba zunehmend auf Sporthandschuhe spezialisiert. Mit großem Erfolg.

Der kleine Sohn Marcus wächst neben der Nähmaschine auf, saugt sozusagen mit der Muttermilch das Knowhow der Handschuhproduktion auf, wird später Lehrling und entwickelt eine Leidenschaft für das Thema.  1989 schließlich baut Marcus eine Näherei in Thailand auf und macht aus einer kleinen Manufaktur mit 20 Näherinnen schließlich eine erfolgreiche Firma mit 120 Beschäftigten. Kostendruck und politische Notwendigkeiten veranlassen Chiba schließlich die Verlagerung nach Indonesien. Die Expansion schreitet voran und so arbeiten mittlerweile 450 Mitarbeiter in der firmeneigenen Fabrikation in Semerang/Zentral Java, eine Flugstunde von Jakarta entfernt.  Aus einer großen Halle, werden doppelstöckige Gebäude und schließlich sogar auch ein Gästehaus mit wunderschönem Garten und schön angelegtem Teich. Marcus Chiba pendelt dementsprechend immer zwischen Indonesien und Teisendorf. Aus dem traditionellen Gewerbe von einst ist nun im 21. Jahrhundert ein Handschuhspezialist entstanden, dessen Spektrum weit über die damaligen Glacier Handschuhe hinaus geht. Innovation folgt auf Tradition.

Stichwort Innovation.

Dieses Thema treibt den sympathischen Geschäftsmann Marcus Chiba um. Seine Spezialisten drehen und wenden einen Handschuh zigmal, prüfen die Einsatzbedingungen und legen die Materialien entsprechend darauf aus. Ein Handschuh für Rollstuhlfahrer (mit robusten Kevlar Einlagen) hat nun einmal andere Anforderungen als ein Klettersteig Fingerling. Ein Tourenski-Fäustling wiederum ganz andere Maßstäbe als ein Modell, welches beim Kraftsport die Zuglast am Unterarm „abfangen“ und das Handgelenk stützen muss. Gleiches gilt auch für die Kategorie Bike Handschuhe.

Naturgemäß, in Zeiten wie diesen, spielt der Style, die Optik und Haptik eine ebenso wichtige Rolle, wie die Funktion. Chiba belässt es jedoch nicht nur bei der Unterscheidung Langfinger, Kurzfinger, dünner Handschuh / warmer Handschuh sondern ist auch in diesem Bereich ein Innovationsmotor. Beispiel gefällig? Der Blinkerhandschuh. Kein Tippfehler. Die Drehung der Hand sorgt für ein automatisches und signalstarkes Blinklicht auf der Oberhand – liegt die Hand wieder ruhig auf dem Lenker erkennt das System, dass der Abbiegevorgang beendet ist und stoppt das Blinklicht. Aber auch das von Chiba entwickelte BioXCell System ist zukunftsweisend. Ein anatomisches Gelkissen absorbiert die Vibrationen des Lenkers, die Sehnen und Nerven irritieren und durch den Druck auf Carpaltunnel und Ulnar Nerv oft für das unangenehme Taubheitsgefühl sorgen. Einschlafende Hände sind durch den Einsatz von BioXCell effektiv verhindert. Ebenfalls im Hause Chiba eingeführt ist das innovative Poron. Ein extrem leichter und atmungsaktiver Hightech Schaumstoff, der einerseits Druck und Vibration dämpft, sich andererseits aber bei abrupter Schlagbelastung verfestigt und entsprechend schützt.

Schon 1999 erfand Chiba das sogenannte Quickpull System. Eine komfortable, heute nicht mehr wegzudenkende, Ausziehhilfe mittels zweier Schlaufen. So befreit sich der Biker auch nach schweißtreibender Tour leicht und ohne qualvolles „schrubbeln“ von seinem Handprotektor.

Oberstes Gebot: Qualität

Handschuh ist nicht gleich Handschuh. Ein Blick in die kleine Werkstatt im oberbayrischen Teisendorf zeigt unzählige Modelle und Varianten, Schnitte und Muster. Wer meint ein Handschuh sei ein simples Produkt mit Oberhand und Unterhand, der täuscht sich gewaltig. Bis zu 100, teilweise sogar noch mehr, Einzelteile werden verarbeitet und vernäht. Stoffe müssen ausgewählt und Muster vorbereitet werden. Über all dem steht die Qualität. Qualität als oberstes Gebot im Hause Chiba. Gilt in Indonesien und in Teisendorf und für das Label Chiba grundsätzlich. Die Reklamationsquote liegt bei nahezu Null.  Verständlich also, wenn Markus Chiba beim Rundgang, vorbei an alten und historischen Nähmaschinen, nicht ohne Stolz auf die lange Tradition und im Zuge dessen die steten Innovationen verweist. Darauf könnte man – um im (Hand) Bild zu bleiben allemal sagen: gimme five !

By the way: ein ausführlicher Test der Chiba Handschuhe folgt.

Mein damals erworbener Chiba Scorpio ist in meiner persönlichen most-wanted-Teile-Hitliste einer der besten ever. Nach etlichen Alpencrossen und weit über einem Jahrzehnt intensiver Nutzung hab ich mein Pärchen Marcus Chiba „vermacht“ für seine Hall of Fame in Teisendorf. Tolle Teile (fast) für die Ewigkeit.

• 

• 

• 

• 

• 

• 

• 

• 

• 

• 

• 

• 

• 

• 

• 

*** © Udo Kewitsch, Jun 18 ***