Alpencross 2016 / 1
09.07.2016 bis 15.07.2016
Die Geschichte, die aus dem puren Zufall und der Navigationsunfähigkeit zweier Damen entstand und in einem Blinddate-Cross zweier Pärchen endete, die in ihrer Kombination so wohl auch nicht mehr zusammen kommen werden.
Von einer Reise mit zwei „Fremden“ und einer Unbekannten, von unvorhergesehenem und der Flexibilität, von Planung und dem Zufall, der sie zunichte machen kann, von Höhenmetern, aber auch von Flachetappen und einer „Untenrum-Fraktion“. Von Spaß, Mühsal, kleinen Schrammen, großer Romantik, von Knieschmerzen und Bahnbenutzung. Vom Trainingseffekt für den darauffolgenden Cross 2, den so called Projekt 2016 ALP in großer Runde (aber das ist eine ganz andere Geschichte, siehe Cross Nr.17).
Von einer Fahrt über die Alpen, von Innsbruck ins legendäre Riva und den Begebenheiten auf dem Weg dorthin. Eine Geschichte über zwischenmenschliches und – unverändert – über das große Glück vom Ritt auf zwei Rädern.
Kurzum: Alpencross Nummer 16 auf dem imaginären Kerbholz meines Oberrohrs. Schön & gut, mit einem nur marginal leicht schalen Nachgeschmack im Abgang. Lest selbst.
Die nackten Zahlen
Zeitraum 9. Juli 2016 bis 15. Juli 2016 / Kilometer 475 KM / Höhenmeter 10.405m / Fahrzeit 38 h 01 min / Durchschnittspuls over all 115 / Durchschnittsgeschwindigkeit over all 11,9
Etappen:
Innsbruck, Sattelbergalm, Brennergrenzkamm, Sterzing / Starkenfeldhütte, St.Vigil / Fanes, Limojoch, Arabba, Bindelweg / Passo Pordoi, Obereggen / Etsch, Trento / R*I*V*A
Prolog
Es beginnt oft unverhofft. Als ich mit meiner lieben Frau (ja, ich bin verheiratet) und unserem Freund Max so eines Tages des Weges fuhr – wir unterwegs zur Reiteralm – standen unvermittelt zwei nette Bikerinnen mittig auf dem Weg, unwissend jedoch wohin des selbigen fragend. Was macht Udo? Er spricht sie an, erbietet seine Mithilfe und ward gehört. Aus dem kurzen Gespräch und einem schnellen „hej, dankeschön“ wurden in der Folge, zwei, drei Überholmanöver und schließlich, was soll Mann denn auch machen, ein gemeinsames Ziel.
„Fahrt halt mit uns mit, die Reiter Alm ist eh schöner wie die Kaitl, und überhaupt, wo kommt ihr her, ich bin der Udo, dass sind Silvia und Max“. Gesagt, getan, geradelt. Sport verbindet.
Die Reiter Alm ward erobert, der Kaskuchen war köstlich und da man nunmehr auch gemeinsam am Tisch saß, bot es sich förmlich an, dass man den weiteren Verlauf der Tour auch miteinander besprach. Sabrina und Steffi, Dorfen, waren auf Urlaub und dankbar für Insider Tipps. Und weil es grad so schön passte, kehrte man zu guter Letzt am Abend auch noch gemeinsam im Café Weinmüller ein. Der Spaß war groß, das gemeinsame Hobby Thema genug. Zumal, die Welt ist ne Erbse, hatte ich erst neulich Sabrinas Mann in Spe beim Waginger Triathlon fotografiert. Das war irgendwann im Frühsommer 2015.
Im August 2015 hats mich dann zerbröselt, als ich im Wettrennen mit meiner liebsten Tochter klein mir das Schlüsselbein zerbrach und somit im Oktober, als Steffi mich heiteren Himmels aus der Ruhpoldinger Post anrief und zum Biken mit der gemeinsamen Freundin Birgit animieren wollte. Ich war unpässlich. Dennoch, ein Bier geht immer. Ich also ab zur Alten Post, ein Bier und Talk Talk.
Was macht Udo, wenn er übermütig ist. Die Schulter noch in der Schlinge erzählt er von seiner Vision eines Alpencrosses mit Mädels und prompt, war zumindest Steffi sehr angetan. Der Winter ging ins Land und irgendwie war die Idee in Steffis Kopf am Nagen.
Im Februar dann das erste Arbeitstreffen. Projekt Blind Date Cross. Steffi, Birgit und der mir bislang gänzlich unbekannte Mann Mathias.
Tag 1 – 09.07.2016, Innsbruck – Sattelbergalm – Brennergrenzkamm – Sterzing
Kilometer 77 / Höhenmeter 2100 / Fahrzeit 6:28h / Km Avg 12 / V max 67
So kam es, wie es kommen musste. Aus dem Blinde-Date-Cross wurde Realität. Tochter Alex bringt mich nach Innsbruck, die drei Münchner reisen mit dem FlixBus an. Die Stimmung ist prima. Es kann losgehen, wenngleich schon gestern die erste Hiobsbotschaft von Mathias per eMail daherkam: Knieprobleme, Tabletten, etc… er sei nicht sicher ob und wie und überhaupt. Na das kann ja heiter werden. Wir nehmen den ersten Anstieg Richtung Patsch und steigen auf in Richtung Brenner. Unspektakulär, aber es fühlt sich gut an. Die Mädels sind tapfer und (noch) niemand meckert. Immerhin haben wir ja heute noch ein wenig was vor uns. Erster Stopp in Steinach und weiter geht es Richtung Gries am Brenner. Dort angekommen hadert unser liebe Mathias bereits das erste Mal mit sich. Sein Knie und Aua. Die eigentlich Rampe (Brennergrenzkamm) kommt erst noch, aber nein, er werde wohl lieber gleich hinab nach Sterzing und ein Quartier suchen. Irgendwann ist immer das erste Mal auf einem Cross. Also lassen wir den Ehegatten ziehen, Birgit und Steffie sind unverdrossen im Vorwärtsdrang. Auf gehts zur Sattelbergalm. Alois wir kommen. Wollt schon immer mal mit zwei Mädels.
Beim Alois angekommen, erstmal großes Hallo – kann er sich ja noch zu gut an die vorherigen Besuche erinnern und ist immer für einen Schnaps gut. Leider können wir nicht auf der wunderbaren Alm bleiben, aber eine verdiente Rast ist allemal drin. Wir erhalten einen Spezialpreis und machen uns auf den Weg zur Grenzkammstrasse, vorbei am „Bösen Bauern“ den mittlerweile aber der Schlag getroffen hat, somit ist der Weg nicht mehr ganz so gefährlich (damals 2004 stand er noch mit der Kettensäge mittig auf dem Weg). Dennoch bleibt es mühsam wie eh und je und kurz vor dem Peak erlauben wir uns frei nach dem Motto „kann man fahren, muss man aber nicht“ dann auch zu schieben.
Birgit wird etwas schmallippig und auf meine Ermunterungsversuche oben am steilsten Punkt zeigt sie zum ersten Mal ihre zickenden Zähne … Steffie ist unverändert guter Dinge, genießt und ist happy. Birgit kämpft mit sich und der Natur. Darf sie ruhig.
Oben angekommen präsentiert sich die legendäre Grenzkammstrasse einmal mehr von ihrer schönsten Seite. Episch und wonderful wie allaweil. Bestes Wetter, gute Stimmung (auch Birgit hat sich wieder gefangen) und ein schöner Ritt über diese Hochebene. Das Panorama auch im Wiederholungsmodus ergötzend und genussstiftend. Crosser Herz was willst Du mehr? Nix.
Runter gehts mit Schwung, Steffie etwas zaghafter, Birgit relativ unbeeindruckt. Alle Ehre. Auch die Abfahrt ist ne Wucht in Tüten und meine „Kundinnen“ sind happy. So schön kann guiding sein.
Sterzing, auch einmal mehr, als Ziel kündigt sich an, doch erst einmal müssen wir über Gossensaß hinunter noch einige Höhenmeter abschmelzen, einen letzten Stich in Angriff nehmen und dann in den beschaulichen Ort eintauchen.
Mathias war fleißig und hat bereits eine Herberge (leider) weit außerhalb des Ortskern organisiert. Auch die Zimmerverteilung hat er sehr zur Überraschung von Steffie bereits organisiert, gedenkt er doch mit seiner Frau das Bett zu teilen und nicht mit Udo. Ohoh. Steffie verrät mir im Laufe der Tour, dass dies zunächst für sie eine herbe Dreistigkeit war, ging sie doch fest davon aus mit bester Freundin und nicht mit „fremden“ Udo das Zimmer teilen zu müssen. Tja. Sorry. Aber es ging ja zum Glück alles gut :-))
Am Abend suchen wir uns eine nette kleine Pizzeria und erzählen von unseren kleinen Abenteuern (Udo, Steffie, Birgit) und Mathias von seiner unspektakulären Quartierssuche. Selbst Schuld. Und außerdem hat er noch etwas Aua. Mal sehen wie das weiter geht. Bei Steffie offenbart sich erstes Kopfschütteln. Dennoch beenden wir den Abend gut gelaunt und frohen Mutes.
Zitat des Tages: „Ich fahr untenrum – hab Aua“
Der zweite Tag – 10.07.2016 – Sterzing – Starkenfeldhütte
Kilometer 54 / Höhenmeter 1800 / Fahrzeit 5:03h / KM Avg 10,6 / V max 58
Neuer Tag, neues Glück. Heute haben wir ein wenig was vor uns. Strahlend blauer Himmer heißt uns willkommen. Da kann kaum was schiefgehen. Auf gehts, Sterzing, Pustertal, hinauf zur Rodenecker Alm. Ich erinner mich an den mühsamen Anstieg, bin aber guter Dinge. Tage wie diese …
Wir starten gut gelaunt, der eine oder andere Blödsinn entlang des Weges verkürzt die Zeit und wir überbrücken auch die Anstiege am Waldrand des Eissackstals relativ unbeschadet. Wobei? Nein nicht ganz. Offensichtlich bin ich gut im Tritt, habe doch meine drei Begleiter etwas hinter mir gelassen um an einem gemütlichen Brunnen mal wieder ein stückweit auf sie zu warten. Doch es kummt keiner. Kummt net, kummt net. Nach fünf Minuten denke ich mir noch nix, nach zehn wundere ich mich über meine Kondition, nach 15 werde ich skeptisch, nach 20 klingelt das Telefon. Birgit hat einen Platten. Mathias lässt sie den Schaden beheben … ich muss nicht zurück kommen. Na gut …
Schließlich taucht die Gemeinde wieder auf. Birgit will nochmal Luft tanken, Mathias macht allerdings keinerlei Anstalten seiner ihm angetrauten Ehegattin zu helfen. Selbst ist die Frau im Hause S. … hm .. naja … Steffie hat gute Laune :-).
So fahren wir gemütlich, gemächlich hinauf ins Pustertal, ein Traum. Steffie spendiert mir einen Cliff Bar, der in der Folge mein künftiger Energieriegel werden wird. Lecker. So Freunde, nun warm anziehen, es geht Up. Und zwar länger. Kenne die Strecke und weiß, dass nun 1000 Höhenmeter am Stück bewältigt werden wollen. Also, was macht Udo, er steigt ins Pedal. Läuft. Birgit ist tapfer dahinter, Mathias müht sich etwas und Steffie fährt völlig unbeeindruckt, aber klaglos ihr Tempo.
Im Waldstück wird es stet steiler und ich fühl mich frei und gut. Auch die Rampe wird genommen … so ein kleiner Vorsprung und der Knopf im Ohr motiviert. Herrlich. Oben angekommen, es war gerade abartig rampig, mache ich kehrt marsch um den Damen zu Hilfe zu eilen. Sogar Mathias lässt sich von mir sein Bike hochschieben. Tsts…. Er kämpft ordenlich, aber so n dickes Tatoo an der Wade ….
Noch sind wir lange nicht oben und bis zur Rodenecker Alm sind es locker noch 500-600hm … hilft nix. So pedaliert jeder nach seinem Gusto, die Musik in meinem Ohr macht glücklich und es besteht an nichts ein Mangel. Happy time. Natürlich muss auch ich schnaufen und kämpfe gegen meinen kleinen Detlef, aber an Tagen wie diesen hat er keine Chance. Zu geil einfach .
Nach einiger Rollzeit landen wir schließlich auf dem Hochplateau der Rodenecker Alm und die tolle Starkenfeldhütte (noch unumgebaut) ist bereits im Sichtfeld. Auch hier zieht sich die Truppe nochmals auseinander. Dennoch wir schaffen es gemeinsam anzuschlagen. Birigt tapfer, Steffie gut gelaunt, Mathias leicht matt – er sollte sich am Abend noch von seiner „netten“ Seite zeigen.
Einchecken, Zimmer beziehen (Udo/Steffie, was sonst) … und fertig machen zum Abendmahl. Herrlich. Körperpause. Duschen. Bier. Das Essen auf der Hütte ist wie immer perfekt, die jungen (neuen) Wirtsleut haben sich gut organisiert und kredenzen uns eine gescheite Mahlzeit und erzählen ein wenig aus ihrem Leben. Schließlich kommt Mathias aus der Deckung, als ich grad ganz begeistert den Tag reflektiiere und meint „er hat heut gelernt, dass 1200Höhenmeter das maximum sind, und überhaupt er ist im Urlaub und will doch schließlich keinen scheiß Stress haben, des ist ja sowas von anstrengend und überhaupt nicht sein Ding“. Aha. War ja alles im Vorfeld besprochen, dass bergauffahren anstrengend sein kann, hätte eigentlich keine Überraschung sein dürfen. Doch bevor ich etwas erwidern kann, springt Steffie aus ihrer eleganten Deckung und richtet dem jungen Herrn mal seine tätowierten Wadeln nach vorn. Ob er denn noch bei Sinnen sei, schließlich haben wir alles besprochen und bis jetzt sei doch alles bestens, er soll sich mal nicht so anstellen. Birgit nicht zaghaft, traut sich aber nicht zu intervenieren. Wir umfahren das potentielle Streitgespräch geschickt, ist es doch viel zu schön hier oben. Und wenn Mathias eine kleine Uschi sein will, soll er es halt sein. Nicht unser Thema :-).
Für Unterhaltung im Bett Steffi/Udo ist nächtens gesorgt 🙂 … wir haben Spaß und lassen uns von „dem“ die Laune nicht verderben. Er will zudem morgen lieben untenrum fahren. War klar :-). Soll er.
Zitat des Tages: „Also fünfzehnhundert Höhenmeter fahr ich nicht mehr – ist doch nur Stress.“
Der dritte Tag – 11.07.2016 – Starkenfeldhütte – St.Vigil (anstatt Fanes)
Kilometer 52 / Höhenmeter 1242 / Fahrzeit 6:01h / Km Avg 10,7 / Vmax 81
Neuer Tag neues Glück. Heute hat der Guide Udo mal einen ChickenWay Tag eingebaut, also nur wenig Stress und ein letzter ordentlicher Anstieg zur Fanes Hütte. Doch es sollte anders kommen. 🙁
Wir nehmen den Weg Richtung Jakobsstöckl. Auch hier war ich schon mit Martin und die Landschaft ist schlicht atemberaubend. Alte urige Hütten, Panoramen satt und rundumadum nur saftige Wiesen und herrliche Gipfel. Zwischendrin auch mal eine urige Hütte, die uns gleich zu einer Brotzeit einlädt. Kaffee und aus´zogne Krapfen frohlocken. Alles ist gut und Mathias scheint wieder halbwegs im Alpencross Modus zu sein, zumindest lässt er sich nichts weiter anmerken. Die Damen sind ohnehin gut drauf. Sag noch einmal einer, Weiber zicken immer. Is gar nicht so .
Wir sind gut in der Spur und der Tag vergeht ohne sonderliche Ereignisse. Hinunter nach St.Vigil lässt es sich ebenfalls wunderbar gleiten und auch hier darf eine Rast nicht fehlen. Weiter geht es den elendig langen Weg Richtung Pederü, jener Touristenhütte, die seinerzeit Hansi und mich beherbergte (2006) und die die Wurstblattln einzeln abzählt. Der Weg dorthin ist weder steil, noch unwegsam, doch er ist derart grottenelendig lang und unaufhörlich ekelhaft. Zumal das Sitzfleisch sich zu Wort meldet und erste Verschleißerscheinungen spürbar werden. Hat so ein wenig was von Quälerei. So strampeln wir allesamt etwas leidend unseren Weg sanft hinauf, die Gespräche reduzieren sich auf die Mühsal und den wunden Hintern und das es doch bitteschön bald vorbei sein möge.
Und überhaupt, haben wir für heute keine Quartiersplanung, wollte Mathias ja seinerzeit unverpflichteter Dinge frei reisen und nicht buchen, und hatte Guide Udo dem großherzig zugestimmt. Nach gefühlten Stunden kommen wir dann doch leicht derangiert an der Pederü an und dort beginnt die erste Diskussion hinsichtlich der Übernachtungsplanung. Eigentlich ist das Etappenziel klar: Fanes. Ganz oben, noch ein gutes Stück entfernt.
Unsere Nachfrage in der Pederü offenbart schon einmal : alles ausgebucht. Tourisaison. Busse satt. Ok, naja, wäre ja auch nicht wirklich meine Option gewesen. Ein Anruf oben in der Fanes jedoch zeigt: die Saison endet nicht auf Pederü, auch die benachbarten Almen sind allesamt belegt. Ey. Darf doch wohl nicht wahr sein. Auf den Parkplatzboden hinlegen und schlafen geht auch nicht. Über Fanes hinaus zum Limojoch hinunter ist allemal sehr sehr knackig und für Mathias natürlich gar keine Option. Shit. Ich hadere. Mensch, dass mir sowas passiert und Mathias frohlockt und meint „nun haben sie mal Udos schwache Stelle erwischt“ . In der Tat, das bringt mich fast ein wenig aus dem Konzept. Ey.
Große Diskussionsoption gibt es eigentlich nicht. Nüchtern betrachtet bleibt eigentlich nur der Weg zurück. Wie bitte? Genau, jenen elendig langen Weg wieder zurück. Nicht wirklich, oder? Doch. Bleibt fast nix, es sei denn, man wollte todesmutig über den Dolomitenbuckel hinweg auf die andere Seite des Tals und dann ebenso unsicher hinsichtlich einer Bleibe … und in Anbetracht der Uhrzeit. Schwachsinn. Also zurück. Auch Schwachsinn, aber der kleinere von beiden. Menno.
Wir finden dafür in Vigil eine nette Pension, die sich herzlich unserer annimmt (selbst in St.Vigil war längst nicht alles frei). Brotzeit, Wunden lecken und PlanB ausarbeiten. Für Steffie und mich ist klar: ohne Fanes geht gar nicht. Für Mathias ist klar: da fährt er nicht hoch. Wir beschließen also, den kommenden Tag getrennt auf die Spur hzu gehen. Birgit wird bei ihrem Mathias bleiben. Steffie schüttelt den Kopf. Egal.
Zitat des Tages: „Wir sind ausgebucht“
Der vierte Tag – 12.07.2016 – St.Vigil (anstatt Fanes) – Bindelhütte ( Rif. val die Pan)
Kilometer 53 / Höhenmeter 1711 / Fahrzeit 4:48h / Km Avg 7 / Vmax 56
Frühstück fassen und Entscheidungen fällen. Die launenbefreiten Protagonisten haben die Entscheidung bereits gefällt. Plan war Fanes, also fahren wir auch Fanes. Aber nochmal den elenden Anstieg nehmen, den wir gestern schon gefahren sind? Nee. Sind wir ja schon gefahren und doppelt fahren ist auch unintelligent. Also take a Bus. Gesagt getan. Mathias und Birgit nehmen den höhenmeterbefreiten Chicken Way. Sind ja alt genug. Kein Groll. Selbst schuld :-).
Herrlich so eine Busfahrt am Morgen. Wir genießen gedanklich nochmal die Auffahrt von gestern .Mehr oder weniger intensiv. Doch die Freude währt nur kurz, nach gut 20min spuckt uns der Bus aus und wir stehen da, wo wir gestern schon mal standen. In Pederü. Tourizentrum.
Ok. Fanes war der Plan, also wird es Fanes werden. Und darüber hinaus. Das Wetter zeigt sich etwas unfreundlich. Hat Mathias etwa seinen Teller nicht aufgegessen? Wir steigen ein in den Berg und er ruft gleich alles ab. Kernig ist es, kernig bleibt es. Steffie hält sich wacker, tritt ihren Tritt und bleibt – einmal mehr – unverzagt. Auf halber Höhe kommt es dann, was immer mal kommt, wenn man crosst. Es gießt. Raindrops keeps fallin on our head. Beständig. Warm schreibt man auch anders und überhaupt die Gemütlichkeit hat sich gerade verzupft. Wir kämpfen uns dennoch aufwärts und halten durch bis Rif. Fanes. Dort kehren wir verdientermaßen erst einmal ein. Wer aufwärts fährt, darf auch pausieren. Tatsächlich gelingt es uns das Schlechtwetterfenster auszusitzen und nehmen den nächsten etwas garstigen Buckel gleich hinter Fanes schon halbtrocken in Angriff. Kurz darauf führt der Weg hinüber zum traumhaften Limojoch. Herrlich.
Unsere Laune ist bestens und auch der Abstieg hinunter vom Limojoch gelingt klaglos, es ist etwas slippery aber es geht. Irgendwie hab ich am allerletzten Stück so eine Anwandlung besonders cool sein zu wollen und vorzeitig in die Pedale zu treten. Muss ja der Steffie zeigen, was für ein Held ich bin. Sie ist schiebenderweise schon etwas voraus aber ich muss die letzte unwegsame Passage doch unter die Reifen nehmen, passe einen Moment lang nicht auf und bevor ich mich ausklickend stützen kann, lande ich im Wortsinn auf der Schnauze, und schädele 5cm nehmen einem dicken Stein bäuchlings ein. Kawummmm. Ey.
Zwei Biker, kurz zuvor unten angekommen, kramen ihren Not-OP-Vorrat aus dem Rucksack und versorgen mich flugs und flink. Für einen Moment blieb mir ordentlich die Luft weg beim Schlag auf den Brustkasten, doch nun zeigen sich nur ordenliche Schürfwunden – zum Glück nur oberflächlich, aber wenn schon denn schon schön flächig. Shit. Musste ja nicht sein. Steffie die das ganze gar nicht gesehen hat, kommt erschrocken dem Unfallopfer herbei geeilt. Alles gut.
Wir seilen uns weiter ab .. geht schon irgendwie … aber nicht nur auf der Zeitachse haben wir etwas verloren und so entscheiden für uns für die Abfahrt hinunter nach Alta Badia und nehmen kurzerhand die Gondel hinauf nach Pralongia (jaja, like 2011/2 und ganz anders als 2006). Dort stehen noch genug Buckel im Weg, über die wir müssen. Wir finden den Weg erfolgreich und queren das Massiv nach ordentlichen Rampen, bevor es hinunter nach Arabba geht.
Dort schaffen wir es irgendwie die ChickenWay Fahrer wieder zu treffen. Alles gut. Kurze Rast, kurzes Wundenlecken, viel Ah und Ohweh. Dann steigen wir in die nächste Gondel. Ich verletzungsbedingt, spüre mein GEstell doch ordentlich, und Mathias sowieso, ihm ist nicht nach Höhenmetern. Oben angekommen, kommt dennoch was kommen muss und ein Bikers Traum ist. Der Bindelweg. Mittlerweile hat das Wetter wieder umgeschlagen und es ist pampig. Der Weg schlammig und rutschig, aber irgendwie meistern wir auch das. Oben am Rif val die Pan angekommen wird das Panorama in seiner ganzen Wucht deutlich. Erinnerungen an den Cross 11/2 werden wach. Damals wollt ich unbedingt hier mal nächtigen. Dank meiner Reservierung werden wir das heute tun. Mein Körper knarzt a weng und die Haut spannt wie ein zu straff gespanntes Fell auf dem Snaredrum. Schmerzhaft, aber der Schnaps am Abend lässt alles gut werden . Außerdem hab ich ja meine Kügelchen eingeworfen. Tag4 geht zu Ende … von aufgeben keine Spur weit und breit. Woher auch. Ey. 🙂
Zitat des Tages: „Udo, was hast Du denn gemacht???“
Der fünfte und sexte Tag – 13/14..07.2016 – Bindelhütte – Obereggen – Trento
Kilometer 66 / Höhenmeter 1400 / Fahrzeit 5:01h / KM Avg 13,2 / Vmax 66
Kilometer 101 (!) / Höhenmeter 875 / Fz 6:10h / KM Avg 16,4 / Vmax 72,5
Ich lebe noch. Ein gutes Zeichen. Die Haut spannt immer noch ordentlich, aber der Brustkorb ist noch ganz und die Hämatome halten sich in Grenzen. Also rauf aufs Bike. Doch vorher müssen wir die Umgebung mit dem Fotoapparat abschießen. Wonderful . Kurz drauf geht es weiter den restlichen Bindelweg entlang, der nun längst nicht mehr so garstig wie auf dem ersten Teilabschnitt ist.. Angekommen am Passo Pardoi heißt es: grinsen bitteschön ! Breit. Es geht down, sowas von. Herrlich, Kurvenschmelzen …. love it.
Doch die nächste Entscheidung steht schon an …. In Moena trennen sich einmal mehr unsere Wege und Steffi und ich ziehen unsere Spur Richtung Karerpaß / Obereggen ungeachtet des schlecht aufziehenden Wetters. Mathias und Birgit fahren, wie sollte es anders sein: untenrum.
Steffi und ich steigen in den Berg ein und nehmen den legendären Wanderweg 17a den ich 2002 erstmals mit den Jungs nahm … doch zuvor gönnen wir uns in einer ganz urigen kleinen gemütlichen Kneipe noch eine Mittagspause. Wir wollen uns mit Birgit und Mathias im verabredeten Hotel treffen und vom Karerpaß müssen eigentlich nur noch „rüberqueren“. Sollte ja nicht so schwer sein. Karerpaß, Petrus öffnet seine Schleusen, nicht zu knapp. Steffie hat gute Laune und schlüpft in ihre Regenhäute. Udo tut es ihr gleich. Und dann nehmen wir die Spur nach unten auf, vorbei am Karersee, noch eine Kurve, noch eine und eine weitere, irgenwann sollte es mal links weg gehen, aber es geht nur runter und gefühlt nur rechts. Mitten im Berg stoppen wir kurz und checken mal die Karte. Hm? DA unten müsste es links gehen, weit kanns nicht mehr sein. Es geht runter, runter, runter, runter. Ey. Als wir schließlich GANZ UNTEN angekommen sind, offenbart sich schreckliches. Links ab war oben. Wir sind auf der ganz anderen Seite des Buckels, alles wieder hoch. Es regnet, es ist kalt. Wir strampeln. Passstraße. Mühsam. Eklig. Hilft nix. Steffie bleibt munter. Alle Ehre. Den Guide hätte man auch killen können.
Nach gefühlt unendlichen Kilo- und Höhenmeter gelangen wir am Zielort an und sind fix und foxi. Birgit und Mathias sind völlig relaxt schon längst da. Entspannter Abend ohne allzugroße Komplikationen nur mit der abschließenden Diskussion, dass Mathias sich überlegt, morgen mal untenrum zu fahren. Steffie und ich schauen uns nur an. Birgit offenbart schließlich doch noch Mathias begleiten zu wollen. Sonst isser so allein der Arme. So eine Uschi.
Wir starten an Tag 6 und sind bester Dinge, es geht bergan, Mathias und Birgit zweigen nach ein paar Höhenmetern ab. Steffie ist eine Crosserin, also crossen wir. Es geht hinauf, es geht hinunter und schließlich landen wir auf einer uralten stillgelegten Bahntrasse, die episch ins Etschtal hinunter führt. Geilo, so geil. Das Wetter bestens, die Stimmung herrlich, wir können uns nur amüsieren über unserer „Mitcrosser“. An der Etsch angekommen, heißt es Kilometer schrubben. Latenter Gegenwind hält uns nicht auf, wir scherzen, rasten gelegentlich und landen schließlich happy und erfolgreich in Trento um fünf Minuten später Math & Birgit in die Arme zu laufen. So lassen wir uns leider überreden abseits vom wundervollen Marktplatz einen Cappucino zu nehmen, nein – wir nehmen diesen in einer trüben Seitengasse ein. Ein Jammer. Anyway. Zeit für eine Quartiersuche. Mir gelingt der Kontakt zu zwei Einheimischen, die telefonieren und machen und tun und schwupp haben wir ein Arrangement in der Casa Tres Gemmes. Von Gott geschickt. Eine wunderbar liebevolle Pension vor den Toren Trentos. Hier kann man bleiben.
Wir verbringen einen schönen Abend, erzählen uns von den Heldengeschichten und den bequemen Untenrumwegen. Und wissen: nur noch 1x schlafen, dann ist Riva da. Mathias überlegt sogar mal mit „obenrum“ zu fahren, trotz Aua. Irgendwie will er wohl doch wenigstens 1x crossen in dieser Woche.
Zitat des Tages: „Wo gehts denn endlich links weg?“
Der siebte Tag – 15..07.2016 – Trento – Riva del Garda (Lagooo)
Kilometer 71,3 / Höhenmeter 1277 / Fahrzeit 5:10h / KM Avg 13,8 / Vmax 68,5
Today is Lago Day. Jeah. Love it. Es gab bei der Planung bzgl. des Tag 7 zwei Varianten. Den chicken Way und the hard way. Wir entscheiden uns nach der Vorgabe des Guides für die Hardcore Version und starten entsprechend zeitig. Jedoch nicht ohne ein wunderherrliches Frühstück im Casa Tres Gemmes einzunehmen. Alle Ehre, so gemütlich hier im Wohngebiet.
Der Weg führt uns über den Passo Bordala kurz hinter Rovereto. Bis dahin heißt es noch gemütliches Radlweg Rollen, aber dann ist relativ schnell Schluss mit Lustig. Es geht bergan, und zwar ausgiebig und schließlich auch noch richtig satt steil, sodass selbst ich am Ende dieses nicht endenden wollenden Anstieges froh bin, als er vorüber geht, bzw. mir sogar zuvor schon wünschte er ginge zu Ende. Selten genug.
Oben angekommen neige ich zu umgehender Abfahrt, schließlich zieht es mich ja jedes Mal magnetisch an … doch die Truppe überzeugt mich, dass in der Ruhe die Kraft liegt und so kehren wir an der Passhöhe ein. Ich bin ungeduldig. Wie immer.
Wir kehren der Wirtschaft den Rücken und gleiten talwärts, müssen nun nur noch bis Nago rüber rollen und nehmen dann unüblicherweise die Autosstraße um den ersten fantastischen Blick auf den Lago einzuheimsen und Memory Fotos zu schießen. Laggoooooooo ! Wie geil ist es eigentlich immer noch ? Unveränderte Faszination.
Es geht hinunter nach Torbole, hinüber nach Riva hinein ins Cafe Sole und schnell bestellt ist er MEIN CAPPU Joghurt. Love it. Der Rest ist schnell erzählt. Steffie ist happy, Birgit ist happy, Mathias ist happy und grinst, als ob er einen Cross gemacht hätte (und ich meine: hätte). Ich bin sowieso happy. Ein Weißbier hier, ein, zwei Weißbier im Mecki, das ist obligat, dann geht es in mein Lieblingshotel Elisabetta und wir poolen ein wenig bevor jeder eine Runde shoppen geht. Am Abend hab ich tradtionellerweise in der Case Beust reserviert. Guiding erfolgreich beendet. Stolz bin.
Der Abend in der Casa Beust ist wie immer schön. Das Essen phanastisch, auch die Stimmung gut, wir erzählen uns die Geschichten der Woche, keiner nimmt einem was krumm. Es ist halt wie es ist. Doch als der Ober kommt um die Rechnung zu kassieren, schlage ich vor (wie es die Tage zuvor auch praktiziert wurde), dass wir, wie immer, geteilt durch vier machen. Doch Mathias meint, er fange mal an …. ah, wird er doch nicht das erste Mal auf dieser Tour meine Getränke übernehmen? Nein, er rechnet zusammen: seine Pizza, seine Getränke, ein schmales Trinkgeld, fertig. Aha. Seine Frau Birgit muss, wie all die Tage zuvor auch, ihren Anteil komplett allein und uneingeladen bestreiten. Steffie und ich haben sowie getrennte Betten und Kassen.
Spätestens jetzt kommt der Moment, bei dem ich mir dann doch so für mich denke: da plant und macht und tut und organisiert man ein halbes Jahr, hält die Stimmung hoch, motiviert, trägt die Leidenschaft hinein und dann gibt es in sieben Tagen nicht einmal ein spendiertes Bier. Nicht, dass ich mir mein Bier nicht leisten könnte, aber ein kleines Danke in welcher Form auch immer hätte mich zumindest gefreut. Und sei es eine Kugel Eis, wenn nicht für mich, dann wenigstens für die Damen, gewesen. Nix. So kann man sich täuschen. Zwar erzählt Mathias und Birgit vollmundig, wie froh sie seien und vielen Dank, immerhin kostet ja eine gebuchte Tour „locker 800Euro“ und ganz toll wars … tja. Steffie und ich tauchen schließlich noch zu zweit in die Winds Bar ein und wundern uns beide nicht mehr, sondern laden uns gegenseitig ein. Zumindest hier spüre ich eine ehrliche und aufrechte Dankbarkeit. Immerhin. (By the way (Stand 02.12.2017) seit dem 15.Juli 2016 hab ich nie wieder ein Wort von Birgit und Mathias gehört – beide sind mittlerweile getrennt und sie ist happy in Love. Schade, dass dies die ersten Crosser-Bekannten sind, die aus dem Auge, aus dem Sinn sind. Nicht mal nach den Fotos haben sie noch gefragt. War wohl nicht ihr CrossDing. Things happen. Thats life.)
Zitat des Tages „Ich fang dann mal an mit zahlen.“ (unfucking believeable)
Fazit: eine Reise vom Zufall kredenzt. Mit ein paar chicken Ways und trotzdem: Cross bleibt Cross. Steffie als Reisepartner über jeden Zweifel erhaben, die Route voller Erinnerungen und die Bahntrasse unvergessen. Ein Sturz zuviel, Glücksmomente satt, Regentropfen überschaubar, Endorphine allerorten. Nummer sechzehn completed.
Herrlich. Stolz bin, das gemacht zu haben und gleichzeitig ein wenig vorbereitet zu sein auf den Big Cross mit meinen 11 Brückner Kollegen, den ich in zwei Wochen angehen werde und der Herausforderung satt ist. In jeder Hinsicht.
Freu freu freu … auch bei Albumerstellung im Dez17: einmal mehr gefahren. einmal mehr genossen … 🙂 🙂 🙂
Ach ja: one more thing: Das Video zur Story gibt es hier !
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