Der Stoanmandl-Alpencross

Von der Haustür zum Stonemantrail in die Dolomiten

ready to go …

Es ist der Traum vieler: einen Alpencross „ab Haustür“ zu starten. Kein aufwändiger Transfer, sondern die heimischen Schmankerl noch in die Streckenführung mit einbauen, bevor es dann Stück für Stück etwas „fremder“ wird und man tiefer in den Cross einsteigt. Ich habe eine einfache Variante von Siegsdorf über die Alpen gewählt, um dann einen lang gehegten Wunsch zu realisieren: die komplette Route des berühmten Stoneman-Trail befahren und einer der vielen glücklichen Finisher zu sein. Gesagt, gepackt, gestartet. Mein Bikepartner Martin wird übers Karwendel, die Brenner Grenzkammstraße und den Kronplatz nach Sillian reisen.

Tag 1 – Von Siegsdorf nach Saalbach (72km / 1845hm)

Der Sommer hatte seine Hausaufgaben bislang hervorragend gemacht. Warm, sehr warm und trocken war es die vergangenen Wochen. Ein Jammer, dass „meine Woche“ in der Vorhersage viele dunkle Wolken zu bieten hatte. Als Crosser hilft es nichts, man muss durch. Der Start ist vergleichsweise beschaulich. Über Ruhpolding geht es vorbei am Märchenpark hinauf ins wunderschöne Röthelmoos und hinunter ins Wappbachtal, um dort die Bundesstraße kurz zu queren und auf der anderen Seite des idyllischen Weitsees schließlich bis zum Parkplatz Seegatterl zu gelangen.

Noch ist die Sonne bei mir und so ist auch der Anstieg auf der „Loipe“ hinauf zur Winklmoosalm von guter Laune geprägt. Weiter geht es zur Möseralm – es kann passieren, dass man von E-Bikes überholt wird – und schließlich über die Staffenalm hinunter nach Waidring. Spätestens jetzt verlässt der Chiemgauer Biker sein Haupteinzugsgebiet. Von Waidring Richtung Pillersee und weiter bis nach Hochfilzen sind es noch einige Meter und so langsam geben verschiedenste Körpereinheiten erste Rückmeldungen. Der Rücken, die Hände, die Sitzfläche und auch die Schenkel lassen wissen: Belastung gut und schön, aber rasten wäre auch nicht schlecht. Der Pillersee ist eine perfekte Gelegenheit. Und auch später am Gasthof „Eiserne Hand“ schmeckt das Radler wohlverdient.

Nun gilt es den letzten Anstieg zu meistern, bevor es ins MTB Eldorado nach Saalbach und somit dem ersten Etappenziel geht. Kernig geht es hinauf und die eben erwähnten Schmerzstellen senden beharrliche Signale. So vergeht der Nachmittag und ich erreiche wohlig erschöpft und matt die Spielbergalm auf knapp 1320m Höhe. Buntes Treiben hier. Die modernen Downhill Gladiatoren strecken hier ihre Waden in den Hot Pot, die Szene sinniert über die besten Touren im „Big Five Gebiet“ von Saalbach und den Vorzügen der Joker Card (Freie Liftbenutzung für alle Hotelgäste).

Tag 2 – Saalbach – Fuschertörl (52km / 1725hm)

Dunkle Wolken verdüstern meinen Schlafraum. Regen in Form von Bindfäden trommelt auf das Pflaster. Meine gute Laune dreht sich nochmal um und schläft weiter. Ich muss raus. Die ursprünglich gewählte Hard-Core Variante über das unwegsame Klingertörl streiche ich und widme mich der Anreiseplanung Richtung Großglockner, während mein Kumpel Martin seinerseits beste Bedingungen auf seiner Route vom Karwendel über die Brennergrenzkammstraße meldet. Na Bravo.

Regengarnitur an. Von Saalbach rollt man weitgehend ohne großen Krafteinsatz über Viehhofen hinunter nach Maishofen und über Thumersbach vorbei am Zell am See nach Bruck. Das Mountainbike Gebiet Saalbach muss noch einmal auf mich warten – ich komme wieder. Doch zunächst regnet es unaufhörlich und als ich zu einer Cappuccino Pause einkehre reißt der Himmel ganz kurz auf. Na wenigstens trocknen draußen die Straßen, während ich drinnen raste und grübele.

ey. so malle.

Der Rest des Tages ist schnell erzählt. Quältag – damit ist alles gesagt. Ab Bruck geht es im Grunde für die nächsten knapp 25 Kilometer nur noch bergan. Die Rennradler unter den Lesern mögen nun mit den Achseln zucken. Mit einem 7kg Rucksack und einer angeschlagenen Motivation im „Genick“ sowie dem nun wieder einsetzenden Regen wird der Anstieg zur Leidensphase. Oben angekommen ist jedoch dann wieder alles vergessen. Als einziger Gast im Gasthof Fuschertörl kehrt dann abends um 20h eine geisterhafte Ruhe ein. Das sich bietende Wolkenspiel ist einzigartig.

Tag 3 und 4 – Fuschertörl – Lienz – Sillian (110km / 1586hm)  

Nach der Qual folgt die Kür. Die nächsten zwei Tage sind mit 2000 Höhenmeter schon fast Faultiertage, die Herausforderungen auf der Strecke nach Lienz und weiter bis Sillian nicht sonderlich spektakulär, aber durchaus ausbaubar. Wetterbedingt wähle ich jedoch meist den „Chicken Way“ und gehe abends lieber in die Sauna und genieße dafür das Straßenfest „Olala“ in Lienz (und später noch einmal in Innichen).

Fuschertörl. Ein beliebtes „Ziel“

bisserl wolkig

 Tag 5 – Sillian – Sillianer Hütte (nur 16km / 1638hm)

Stoneman-Tag. Jetzt geht es los. Der Wetterbericht meldet halbwegs stabile Verhältnisse, Martin kam gestern fast trocken an und gemeinsam gilt es nun in drei Tagen den Stoneman Trail zu meistern. Eine lösbare, aber fahrtechnisch durchaus anspruchsvolle Aufgabe. Heute stehen nur 15 Kilometer auf der „To-Do“ Liste.

pushin´

Aber auch 1300 Höhenmeter am Stück. Oben auf 2447 Meter liegt auf einer „Kante“ die Sillianer Hütte und wartet auf die Abenteurer. Der erste Teil des Weges bis zur Leckfeldalm (1950m) ist noch fahrbar, dann jedoch bäumt sich der Pfad garstig auf und wird ebenso buckelig wie extrem steil. Schiebezeit. Oben angekommen kombiniert sich Stolz mit Wonne. Der Ausblick an diesem Punkt ist sensationell. Das Wolkenspiel tut ein übriges. Minütlich wechseln die Stimmungen, von grau verhangen bis hin zu spektakulär mystisch ist alles dabei. Der Abend auf der ausgebuchten Hütte verläuft urig und als um 22 Uhr die berühmte Schicht im Schacht beginnt, kachelt es draußen ohne Unterlass. Morgen sollte es eigentlich trocken sein. 

Skybiker I

Cloudbiker II

Sillianer Hütte

Tag 6 – Sillianer Hütte – Innichen (54km / 1374hm)

Heute ist Königstag. Die legendäre Demut Passage steht auf dem Plan. Und als ob Petrus unser Gebet erhört hätte: die Luft ist frisch gewaschen, der Himmel strahlend blau und die Wolken so unschuldig weiß, dass sie heute kein Wässerchen von sich geben werden. Herrlich.

Monte Elmo

Wir schieben den ersten Stich hinauf und starten dann eine epische Reise über den von Roland Stauder initiierten Stoneman Trail entlang der Sextener Dolomiten. Das Wort „episch“ erfüllt an dieser Stelle zu 100% seinen Wortsinn. Knapp 25 Kilometer führt der meist lenkerbreite Pfad auf einer Höhe zwischen 2500 und 2200 über den Karnischen Höhenweg eine gefühlte Unendlichkeit durch die Dolomiten. Ein Traum für Biker – wohl anspruchsvoll und auch kräftezehrend, aber niemals grenzwertig oder gar unverantwortbar. So verführt uns an jeder neuen Kehre ein Fotostopp und eine unbeschreibliche Vielfalt an Motiven zur kurzen Rast. Königstage sind so.

Mardin

Doch auch der schönste Trail geht einmal zu Ende und so leiten wir den Sinkflug nach Padola ein, um kurz darauf über den Kreuzbergpass den letzten Anstieg zur Rotwandwiesen zu nehmen. Auch hier: prächtiges Panorama. Postkartenreif. Ein Radler, ein Kuchen und die schwierige Entscheidung: bleiben oder ein Stück weiter? Wir entscheiden uns für die Weiterfahrt, endet doch unsere Tour morgen und die Bahnfahrt ab Innichen ist bereits gebucht.

Sorry, ein paar Impressionen der Demutpassage müssen an dieser Stelle sein:

Tag 7 – Innichen – Marchinkele – (46km / 1417hm) Heimreise

Noch ein Gipfel steht auf dem Programm, dann ist es geschafft. Einerseits der Alpencross 2015 beendet und andererseits der Stonemantrail gemeistert. Der Punkt „Marchinkele“ ist einer der Stoneman Stationen die es anzusteuern gilt, man muss dort seinen Stempel ins Armband drücken und darf sich dann die verdiente Trophäe von Roland Stauder geben lassen (Bronze für 3Tage, Silber für 2, Gold für die 1Tagestour).

Mr. Stoneman

Ab Toblach geht es bis zur Silvesterhütte über gute Schotterstraßen gemäßigt bergan. Erst jetzt wird die Militärstraße zunehmen ruppiger und verblockter. Wohl dem, der ein Fully hat. Wir schrauben uns Kehre um Kehre hinauf und erreichen schließlich den höchsten Punkt auf 2545m. Auch hier gilt: das Panorama ist umwerfend, ebenso wie es zuvor die vielen Aussichtspositionen auf der Militärstraße waren. Das ist Biken. Hinab geht es auf einem phantastischen Trail hinunter bis nach Winnebach, von wo aus wir den Kreis bis nach Innichen schließen und die Heimreise antreten.

Fazit: mein 15ter Cross, eine wunderbare Reise, von den anfänglichen Wetterkapriolen einmal abgesehen. Der Stoneman Trail ist eine Destination, die jeder Biker sich ins Pflichtenheft schreiben sollte.

Number 15. Finished.

ach ja: one more thing: das Video zum Text findet ihr hier. Habt Spass

 

 Infobox:

Wichtige Adressen:

Tourismusverband Saalbach Hinterglemm, Glemmtaler Landesstr. 550, A-5753 Saalbach, Tel.: +43 6541 6800-68, Fax: +43 6541 6800-69, E-Mail: contact@saalbach.com

Osttirol Information, Albin Egger Str. 17, 9900 Lienz, Austria , Tel.: +43 (0)50 212 212, Fax: +43 (0)50 212 212 2, E-Mail: info@osttirol.com

Tourismusverband Sillian, Tel +43 (0)50 212 300, hochpustertal@osttirol.com

Stonemantrail: Roland Stauder, info@stoneman.it, Starterpaket 20Euro, www.stoneman.it

Unterkünfte: Bikehotels Südtirol, Via Funivia 6c, I-39031 Reischach/Bruneck, Tel: +39 0474 830000

Tourinfo

350 Kilometer (ab Siegsdorf), 9800 Höhenmeter, Fahrzeit netto ca. 34h

Beste Reisezeit Mai bis September. Gut auch in 6 Tagen fahrbar. Achtung Rückreise per Bahn rechtzeitig buchen, da für Fahrradmitnahme ab Franzenfeste Reservierung erforderlich ist – in der Hauptsaison Jul/Aug sind hier die Züge schnell ausgebucht. Weitere Infos gerne beim Autor.

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© Udo Kewitsch, 2015